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Nutztierhaltung in Deutschland scharf kritisiert

Die Nutztierhaltung in Deutschland entspricht nicht den Vorstellungen von Tierschützern – das ist hinreichend bekannt. Doch auch ein wissenschaftlicher Beirat des Bundeslandwirtschaftsministeriums hat jetzt die deutsche Nutztierhaltung heftig kritisiert. Die aktuell angewandten Haltungsbedingungen sind den Auswertungen zufolge „nicht zukunftsfähig“. Insbesondere beim Tierschutz und beim Umweltschutz gäbe es „erhebliche Defizite“. Daher seien umfangreiche Maßnahmen nötig, um den Missständen zu begegnen. Dafür müssen Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft jedoch zusammenarbeiten, wie es weiter heißt.

Neun Leitlinien für zukunftsfähige Nutztierhaltung in Deutschland

In dem wissenschaftlichen Beirat sind Experten unterschiedlichster Fachrichtungen zusammengeschlossen. Sie haben neun Leitlinien aufgestellt, um die „zukunftsfähige“ Tierhaltung in Deutschland zu realisieren. So fordern die Experten, dass der Einsatz von Arzneimitteln bei Nutztieren deutlich reduziert wird. Außerdem brauchen die Tiere ausreichend Platz und man muss auf Amputationen jedweder Art verzichten.

Zudem brauchen die Tiere den Empfehlungen zufolge „Zugang zu verschiedenen Klimazonen“. Insbesondere das Außenklima sei wichtig für eine zukunftsfähige Nutztierhaltung. Darüber hinaus fordern die Experten, dass die Tiere sich auf unterschiedlichen Bodenbelägen bewegen könnten.

Kosten für bessere Nutztierhaltung im Milliardenbereich

Wie die Experten erläutern, ließen sich die geforderten Maßnahmen für den Großteil der Branche mit dem Einsatz von drei bis fünf Milliarden Euro jährlich umsetzen. Man müsse allerdings davon ausgehen, dass die Verbraucherpreise durch die Anpassungen in der Nutztierhaltung um drei bis sechs Prozent steigen werden. Jedoch ist ein Großteil der Verbraucher durchaus bereit, etwas tiefer in die Tasche zu greifen, wenn die Bedingungen für die Nutztierhaltung dadurch verbessert werden, sind die Experten sich sicher.

Doch nicht nur die Branche selbst müsse Veränderungen durchführen, auch Vater Staat nimmt der wissenschaftliche Beirat in die Pflicht. So müssten eindeutigere und zusätzliche gesetzliche Mindeststandards verabschiedet werden. Auch ein staatliches Tierschutzlabel könnte man einführen. Für die Branche solle es zudem Prämien und Kompensationszahlungen geben. Der Aufbau eines „nationalen Tierwohl-Monitorings“ wurde als Sofortmaßnahme empfohlen. Außerdem sollten die Halter und Betreuer der Nutztiere ihre Qualifikation nachweisen und zur regelmäßigen Fortbildung verpflichtet werden.

Vorschläge zur Verbesserung der Nutztierhaltung stoßen in der Branche auf Widerstand

Die Agrarbranche zeigte sich erwartungsgemäß wenig erfreut über die Vorschläge des wissenschaftlichen Beirats. Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes (DBV), zeigte sich entrüstet. Die Vorschläge nähmen keinerlei Rücksicht auf die Bauernfamilien und den ländlichen Raum. An die Konsequenzen für diese habe man überhaupt nicht gedacht. Zudem habe die vorgelegte Analyse deutliche Schwächen, führt Krüsken weiter aus. So seien die finanziell nötigen Mittel zu optimistisch berechnet worden. Auch die Nachfrage der Verbraucher nach einer tierfreundlicheren Haltung werde völlig überschätzt.

Allerdings gibt es auch Befürworter der Vorschläge. Zu ihnen zählt die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL). In dieser sind vor allem kleinere und mittlere Betriebe organisiert. Sie sehen es als notwendig an, die Nutztierhaltung in Deutschland zu verbessern. Die Bundesregierung sei gefragt, in diesem Bereich ein Umbauprogramm auf den Weg zu bringen.

Natürlich sprachen sich auch die Grünen für die vorgeschlagenen Maßnahmen aus. Anton Hofreiter, Fraktionsvorsitzender der Grünen, ging sogar noch einen Schritt weiter. Landwirtschaftsminister Christian Schmidt müsse eine Agrarwende einleiten, wenn er den wissenschaftlichen Beirat ernst nehme. Zudem fordern die Grünen auch eine stärkere finanzielle Förderung der artgerechten Tierhaltung in Deutschland.

Quelle: Stern

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