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Mit Bakterien gegen Plastik-Müll

Plastik-Müll ist eine zunehmende Belastung für die Umwelt. Forscher haben jetzt möglicherweise eine Lösung entdeckt: Ein Bakterium, das in der Lage ist, Plastik zu zersetzen. Bisher kannte man nur wenige Pilze, aber keinerlei Bakterien, die Plastik abbauen könnten, hieß es in dem Bericht der japanischen Forscher im Fachblatt „Science“.

PET-Abbau durch Ideonella sakaiensis 201-F6

Das neu entdeckte Bakterium haben die Forscher auf den Namen Ideonella sakaiensis 201-F6 getauft. Es kann den sehr weit verbreiteten Kunststoff Polyethylenterephthalat (PET) mit Hilfe zweier Enzyme in zwei ungefährliche Bestandteile zersetzen. Mit dem Bakterium könnte man Flächen und Gewässer säubern und womöglich gar Rohstoffe recyceln, die zur Herstellung von PET verwendet werden, erklärt Uwe Bornscheuer von der Uni Greifswald.

PET gehört dabei zu den weltweit besonders verbreiteten Kunststoffen. Es dient als Basis für Plastikflaschen und viele Lebensmittelverpackungen. Jährlich produziert die Menschheit rund 300 Millionen Tonnen Kunststoff. 2013 entfielen 56 Tonnen davon auf PET-Produkte. Nur ein geringer Teil davon wird bisher recycelt, der weitaus größere Teil landet in der Umwelt. Dort kann der Kunststoff aber nur sehr langsam zersetzt werden.

Wie haben die Forscher Ideonella sakaiensis 201-F6 entdeckt?

Die japanischen Forscher haben für ihre Studie 250 Proben der Sedimente, Abwässer, Aktivschlämme und Böden einer Recycling-Anlage für PET-Flaschen entnommen. Dabei untersuchte das Team um Shosuke Yoshida vom Kyoto Institute of Technology, ob in einer der Proben Mikroorganismen lebten, die den dünnen PET-Film zersetzen können. Fündig wurden die Wissenschaftler schließlich in einer Sediment-Probe. In den Untersuchungen zeigte sich weiterhin, dass das Bakterium nicht nur in Flüssigkeit zu finden war, sondern auch direkt am Kunststoff selbst. Bei einer Temperatur von 30 Grad Celsius schaffte es das Bakterium Ideonella sakaiensis 201-F6 binnen 60 Wochen, den PET-Film vollständig abzubauen.

In den weiteren Untersuchungen fanden Forscher außerdem zwei Enzyme. Mit diesen zersetzen die Bakterien den PET-Film über ein Zwischenprodukt. Nach der erfolgreichen Zersetzung blieben nur noch Terephthalsäure und Glykol übrig. Diese beiden Substanzen sind den Forschern zufolge nicht giftig für die Umwelt.

Können Ideonella sakaiensis 201-F6 Bakterien beim Recycling helfen?

Wie Bornscheuer in einem Kommentar zu der Studie, der ebenfalls im Fachblatt „Science“ erschien, beschreibt, ist der Abbauprozess auch mit den Bakterien recht langsam. Trotzdem sei die Entdeckung der japanischen Forscher im Hinblick auf das PET-Recycling richtungsweisend. Man könne gezielt die Terephthalsäure gewinnen und sie zur Herstellung neuer Kunststoffe einsetzen. Damit wären Plastikvarianten denkbar, die ohne Erdöl als Rohmaterial auskommen. Diese gibt es zwar bereits, allerdings sind sie in der Herstellung noch recht teuer.

Zudem ist sich Bornscheuer sicher, könnte man die Bakterien einsetzen, um bereits in der Umwelt abgeladenes Plastik zu zersetzen, und zwar wesentlich schneller, als die Natur es könne. Diese braucht nach Angaben des Umweltbundesamtes gut 450 Jahre, um eine einzelne PET-Flasche zu ersetzen. Der Nachteil dabei ist außerdem, dass der Kunststoff in der Natur immer weiter in kleine Partikel zerrieben werde. Diese gelangen in die Nahrungskette und können schließlich auch in den Menschen gelangen.

Interessant ist laut Bornscheuer außerdem, dass die beiden entdeckten Enzyme bisher unbekannt waren. Sie haben nicht einmal Ähnlichkeit mit bekannten Proteinen. Sobald die Bakterien mit PET in Kontakt kommen, steigern sie die Produktion der Enzyme. Das sei ein klarer Hinweis darauf, dass die Hauptaufgabe der entdeckten Bakterien im Zersetzen von PET liege. Jetzt sei es interessant zu wissen, ob die Enzyme erst in den letzten 70 Jahren entstanden seien, seitdem die PET-Kunststoffe genutzt werden. Zwar gäbe es in der Natur einige Beispiele für solch schnelle, natürliche Evolutionen, jedoch sind diese bisher rar gesät.

Quelle: Spiegel

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