Lange spielten im Rahmen des Dieselskandals die als illegal eingestuften Abschalteinrichtungen eine große Rolle. Nun gibt es auch ein
Die Vorgeschichte der durch den BGH entschiedenen Dieselverfahren
Das Sammelurteil fiel zu den Verfahren mit den Aktenzeichen BGH VIa ZR 335/21 und BGH VIa ZR 533/21 sowie BGH VIa ZR 1031/22. Betroffen waren die Fahrzeugtypen VW Passat Alltrack 2.0 l TDI und Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI sowie Mercedes-Benz C 220 d. In allen drei Fällen erfolgt die Manipulation der Messergebnisse bei Abgasuntersuchungen über sogenannte Thermofenster. Dabei erfolgt die Abgasrückführung temperaturgesteuert. Der Audi arbeitet mit einer Aufheizstrategie, während beim Mercedes-Benz die Abgasrückführung beim Unterschreiten einer Mindesttemperatur reduziert wird. Alle drei Kläger/-innen verlangten eine Rückabwicklung des Kaufvertrags mit vollem Schadenersatz. Die Klagen scheiterten in der zweiten Instanz beim Oberlandesgericht Oldenburg (Aktenzeichen 6 U 217/21), beim Oberlandesgericht Köln (Aktenzeichen 18 U 185/20) und Oberlandesgericht Stuttgart (Aktenzeichen 24 U 314/21). Deshalb zogen die drei Kläger/-innen vor den Bundesgerichtshof und erlangten dort zumindest Teilsiege, indem ihnen auf der Basis des im März ergangenen Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH C-100/21) ein sogenannter Differenzschaden zuerkannt wurde. Die genauen Entscheidungen über die jeweilige Höhe müssen nun die drei oben genannten Oberlandesgerichte treffen.
Was ist ein Differenzschaden in Dieselverfahren?
Bisher mussten Kläger/-innen den Beweis erbringen, dass die Fahrzeughersteller sittenwidrig im Sinne des Paragrafen 826 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gehandelt haben. Das ist nun nicht mehr notwendig, denn es wird auf die allgemeinen Schadenersatzregelungen im Paragrafen 823 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abgestellt. Lediglich die bereits bisher zum Paragrafen 826 BGB angewendete Praxis der Anrechnung eines Vorteilsausgleichs wird beibehalten. Allerdings ist in den drei benannten Dieselverfahren kein „großer Schadenersatz“ in Form einer Rückabwicklung des Kaufvertrags möglich, sondern es gibt lediglich einen „kleinen Schadenersatz“. Der Bundesgerichtshof benennt in seiner Urteilsbegründung zwischen 5 und 15 Prozent des Kaufpreises der jeweiligen Fahrzeuge abzüglich des Vorteilsausgleichs. Dieser Wert bewirkt einerseits eine spürbare Sanktion der Fahrzeughersteller und berücksichtigt andererseits die Wertminderung, die bei den Fahrzeugen durch das Vorhandensein von Abschalteinrichtungen, Thermofenstern und anderer manipulativer Technik entsteht. Die Gerichte in Deutschland können darauf bezogene Dieselverfahren künftig nach den Vorgaben des Bundesgerichtshofs ohne Zwang für das Vorliegen eines Sachverständigengutachtens entscheiden. Diese Reduzierung der verbraucherseitigen Hürden für erfolgreiche Schadenersatzklagen wird nach der Einschätzung spezialisierter Anwaltskanzleien eine Klagewelle nach sich ziehen.
Quelle: Bundesgerichtshof Urteil in den Verfahren mit den Aktenzeichen BGH VIa ZR 335/21 und BGH VIa ZR 533/21 sowie BGH VIa ZR 1031/22
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