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30 Jahre Recht auf Individualbeschwerde beim EGMR

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Die Individualbeschwerde beim EGMR ist eine Möglichkeit, Rechte aus völkerrechtlichen Verträgen durchzusetzen.

Am 6. November 2020 ist es genau drei Jahrzehnte her, dass das Recht auf eine Individualbeschwerde beim EGMR (das Kürzel steht für den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte) etabliert wurde. Das geschah im Rahmen des am 6. November 1990 beschlossenen und ratifizierten 9. Zusatzprotokolls zur Europäischen Menschenrechtskonvention. Dieses Recht wurde mit dem 11. Zusatzprotokoll im Jahr 1994 mit Wirkung ab dem Jahr 1998 noch ein einmal angepasst. Weitere Anpassungen und Ergänzungen gab es in den Jahren 2004, 2009 und 2013.

Was ist eine Individualbeschwerde beim EGMR?

Die Rechtsgrundlagen für die Individualbeschwerde bei der Missachtung von Menschenrechten sind in den Artikeln 34 und 35 der Europäischen Menschenrechtskonvention definiert. Sie legen fest, dass für Entscheidungen über solche Beschwerden ausschließlich der 1959 ins Leben gerufene und 1998 in seinen Befugnissen gestärkte Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) mit Sitz im französischen Straßburg zuständig ist. Dieser Zuständigkeitsregelung haben sich alle im Europarat vertretenen Staaten unterworfen. Ausnahmen gelten dabei lediglich für den Vatikanstaat und Weißrussland. Normalerweise sind Beschwerden und Klagen bei allen für ganz Europa zuständigen Gerichten mit einer Anwaltspflicht verbunden. Die Individualbeschwerde beim EGMR stellt dabei eine Ausnahme dar, denn hier gilt eine Anwaltspflicht erst im weiteren Verlauf des Verfahrens, nicht aber beim Einreichen der Beschwerde. Obwohl es dafür keine konkreten Rechtsgrundlagen gibt, ist es möglich, für den anwaltlichen Beistand Prozesskostenhilfe zu beantragen.

Hürden für das Einreichen einer Individualbeschwerde sind hoch

Das ist ein Resultat der Tatsache, dass der EGMR nach der Etablierung der Individualbeschwerde mit dem 9. Zusatzprotokoll von Beschwerden so überhäuft wurde, dass die Beschwerdeführer mit einer untragbar langen Bearbeitungszeit rechnen mussten. Deshalb schreibt inzwischen der Artikel 35 der Europäischen Menschenrechtskonvention die Ausschöpfung aller Rechtsmittel des Staates vor, in dem sich die Betroffenen aufhalten. Das heißt, hier kommt das sogenannte Subsidiaritätsprinzip zur Anwendung. Betroffene aus Deutschland sollten wissen, dass sie sich vor einer Individualbeschwerde beim EGMR gegebenenfalls sogar erst ans Bundesverfassungsgericht wenden müssen. Die Frist für die Einreichung einer Beschwerde beim EGMR beträgt sechs Monate ab der abschließenden Entscheidung des höchstens innerstaatlichen Gerichts. Sie ist ausschließlich mit einem vom EGMR bereitgehaltenen Formular möglich.

Quelle: Europäische Menschenrechtskonvention, EGMR

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