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Urteil 6 AZR 158/16: Wenn die Kündigungsfrist zu lang ausfällt

Wenn die Kündigungsfrist beim Arbeitgeber sehr lang ausfällt, freuen sich die meisten Mitarbeiter. Denn so haben sie reichlich Zeit, sich nach einer neuen Tätigkeit umzusehen, wenn sie ihren Job verlieren. Allerdings kann eine vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist auch zu lang sein und damit ungültig werden. Das hat in der letzten Woche das Bundesarbeitsgericht mit Urteil 6 AZR 158/16 entschieden.

Drei Jahre Kündigungsfrist laut Urteil 6 AZR 158/16 zu lang

Im zugrunde liegenden Fall ging es um einen Speditionskaufmann, der bei seinem Arbeitgeber gekündigt hatte. Laut Arbeitsvertrag sollte er allerdings noch weitere drei Jahre an die Firma gebunden sein, bevor er tatsächlich gehen dürfe.

Die Richter erklärten im Urteil 6 AZR 158/16, dass eine solche Regelung unzumutbar sei. Dadurch würde die berufliche Bewegungsfreiheit der Mitarbeiter unangemessen eingeschränkt. Stellen werden schließlich selten so lange im Voraus besetzt. Die Richter fragten in diesem Zusammenhang rhetorisch in die Runde, welcher Arbeitgeber heute einen Vertrag mit einem Mitarbeiter unterschreiben würde, der erst im Januar 2020 seine neue Stelle antreten kann.

Mit dem Urteil 6 AZR 158/16 hat das Bundesarbeitsgericht die bisherige Rechtsprechung korrigiert. In der Vergangenheit hieß es, dass lange Kündigungsfristen in Ordnung seien, sofern sie für beide Parteien gelten. Wird ein Mitarbeiter demnach mittels sehr langen Kündigungsfristen an den Betrieb gebunden, müsse die gleiche Kündigungsfrist auch für den Betrieb gelten. So habe der Mitarbeiter Sicherheit.

Berufliche Freiheit zu stark eingeschränkt

Trotz der bisherigen Regelungen sprachen die Richter im aktuellen Urteil 6 AZR 158/16 von einer „unangemessenen Benachteiligung entgegen den Geboten von Treu und Glauben“. Denn für den Arbeitgeber kann der extrem lange Kündigungsschutz auch zur Waffe gegen den Mitarbeiter werden. Als Beispiel gaben die Richter ein Unternehmen an, welches einen Mitarbeiter mit dreijähriger Kündigungsfrist kündige, diesen dann aber bei voller Gehaltszahlung freistellt. Mit dieser Maßnahme könne die Karriere des Mitarbeiters nachhaltig beschädigt werden. Er kann während der gesamten Zeit nirgendwo anders anfangen zu arbeiten und verliert fachlich auf jeden Fall den Anschluss. Abhängig von der jeweiligen Branche steht der Mitarbeiter dann auf dem Arbeitsmarkt da, als sei er drei Jahre lang arbeitslos gewesen.

Im jetzt verhandelten Fall aus Sachsen hat der Mitarbeiter jedoch selbst gekündigt. Grund dafür: Die Firma installierte auf allen Rechnern eine Schnüffelsoftware, um zu kontrollieren, ob die Firmenrechner zumindest teilweise privat genutzt werden.

2012 hatte der Mann eine Zusatzvereinbarung unterschrieben, in der die lange Kündigungsfrist vereinbart war. Die Gehaltserhöhung, die damit einherging, lag bei mindestens 1.000 Euro, dafür wurde die Kündigungsfrist allerdings auch entsprechend verlängert. 2014 kündigte der Mann mit kürzerer Frist, woraufhin ihn sein Arbeitgeber verklagte.

Der Fall landete zunächst vor dem Landesarbeitsgericht Sachsen und schließlich vor dem Bundesarbeitsgericht. Beide Gerichte gaben dem Mitarbeiter Recht und wiesen die Klage ab. Die vorgesehene Gehaltserhöhung habe den Nachteil durch die lange Kündigungsfrist nicht aufgehoben, so die Richter.

Quelle: dpa

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