Alltagsmagazin.de

News und Tipps aus allen Lebensbereichen

Urteile BVerwG 6 C 33.14 und 35.14 – Rechtschreibschwäche im Zeugnis

Ein Abiturient aus Bayern hat sich jetzt durch mehrere Instanzen geklagt, weil in seinem Zeugnis ein Hinweis auf seine Rechtschreibschwäche vermerkt war. Bei dem jungen Mann hatte ein Arzt eine Rechtschreibschwäche eindeutig diagnostiziert. Daraufhin erhielt er mehr Zeit bei Klausuren und die Rechtschreibung wurde in diesen nicht bewertet. Auf dem Abiturzeugnis vermerkte die Schule dann, dass „aufgrund einer fachärztlich festgestellten Legasthenie, Rechtschreibleistungen nicht bewertet wurden“.

Mehrere Instanzen führten zu Urteilen BVerwG 6 C 33.14 und 35.14

Der Gymnasiast fühlte sich durch den Vermerk diskriminiert und klagte dagegen über mehrere Instanzen. Nun landete der Fall schließlich sogar vor dem Bundesverwaltungsgericht zusammen mit einem ähnlich gelagerten Fall. Die Verwaltungsrichter entschieden in den Urteilen unter den Aktenzeichen BVerwG 6 C 33.14 und BVerwG 6 C 35.14, dass die Schüler mit dem Vermerk leben müssten.

Das ursprüngliche Urteil des Verwaltungsgerichts München ist damit jetzt rechtskräftig. Bereits im Februar 2013 hatten die Richter dieses Gerichts entschieden, dass im Zeugnis das Wort Legasthenie nicht auftauchen dürfe. Allerdings sei es gestattet, den Hinweis auf eine Nicht-Bewertung der Rechtschreibung auf dem Zeugnis zu belassen.

Damit können Leser des Zeugnisses also durchaus herauslesen, dass die Legasthenie vorliegt. Vor dem Bundesverwaltungsgericht ging es jetzt darum, ob es eine rechtliche Grundlage gibt, die den Vermerk rechtfertigt. Bisher war nur klar, dass das Kultusministerium eine Verordnung erlassen hatte, nach der Rechtschreibschwächen bei der Bewertung von Klausuren berücksichtigt werden können. Das reicht jedoch dem Gericht nicht aus. Vielmehr hätte es für einen Vermerk der Legasthenie auf dem Zeugnis ein Gesetz geben müssen, das vom Landtag hätte beschlossen werden müssen.

Die Richter führten daraufhin aus, dass sowohl die Note als auch der Vermerk zum Zeugnis rechtswidrig zustande gekommen seien. Trotzdem sei es nicht möglich, den Vermerk zu streichen, die Note aber so zu belassen, ohne dass klar sei, wie sie zustande gekommen sei.

Gerichte beschäftigten sich schon oft mit Schulzeugnissen

Die Gerichte in Deutschland haben sich aber nicht nur in diesem Fall mit Vermerken in Schulzeugnissen befasst. So wurde 2009 beispielsweise in Mecklenburg-Vorpommern erstmals das Arbeits- und Sozialverhalten der Schüler bewertet. Gegen diese Bewertung klagte die Tochter des Landeselternratsvorsitzenden aus Greifswald. Sie sah in der Bewertung eine Verletzung der freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit sowie der Unantastbarkeit der Menschenwürde. Allerdings scheiterte die damals 14-Jährige vor dem Oberverwaltungsgericht, das keine Verletzung der Grundrechte erkennen konnte und die Klage abwies. Die Kopfnoten, wie sie in mehreren Ländern wieder eingeführt wurden, führten zu zahlreichen Klagen.

Wilhelm Achelpöhler, Verwaltungsrechtler, erklärt, dass das Abschlusszeugnis keine Beeinträchtigung beim Übergang ins Berufsleben mit sich bringen darf. So haben Kommentare, die in der Schulordnung keine Grundlage finden, auch nichts im Abschlusszeugnis zu suchen. Ein Hinweis auf mangelnde Pünktlichkeit etwa gehöre nicht aufs Zeugnis. Grundsätzlich sollten Schüler auch prüfen, ob eine Rechtsbehelfsbelehrung auf dem Zeugnis vermerkt ist. Dann nämlich haben die Absolventen einen Monat Zeit, sich gegen die Kommentare im Zeugnis zu wehren. Fehlt die Belehrung, haben sie sogar ein Jahr Zeit. Zwar kann man die Schule auch später noch um eine Berichtigung bitten, dann allerdings gibt es auf diese keinen Rechtsanspruch mehr.

Quelle: Spiegel

About Author