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Politische Streiks in Deutschland: Klarstellung der Rechtslage erforderlich

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Sind politische Streiks in Deutschland erlaubt und welche Konsequenzen leiten sich arbeitsrechtlich aus einer Teilnahme ab? Die Rechtslage ist kompliziert.

Die Linken-Gruppe im Bundestag hat in einem aktuellen Antrag die Klarstellung der Rechtslage für politische Streiks gefordert. Dazu gibt es derzeit viele offene Fragen, für welche die Abgeordneten einen dringenden Klärungsbedarf sehen. Gleichzeitig geben sie in der Begründung ihrer Forderung an, dass gerade jetzt durch die vielen gesamtgesellschaftlichen Probleme die Bedeutung politisch motivierter Streiks immens ist. Solche Streiks wären ein Mittel der Allgemeinheit, auf politische Entscheidungen Einfluss nehmen zu können. Damit würde ein Ungleichgewicht beseitigt, das derzeit bei den Einflussmöglichkeiten der Unternehmen und der Beschäftigten herrscht.

Was ist unter dem Begriff politische Streiks zu verstehen?

Als politischer Streik gilt eine Arbeitsniederlegung immer dann, wenn die damit verfolgten Ziele in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit tarifrechtlichen Fragen stehen und nicht das Verhältnis zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern betreffen. Stattdessen definieren die Streikziele eine Einflussnahme auf Politikerinnen und Politiker in allen Ebenen des Staatswesens. Genau dort liegt ein Problem, denn in Deutschland gibt es ein über sieben Jahrzehnte altes Urteil des Bundesarbeitsgerichts, nach dem jeder Streik unzulässig ist, der sich auf ein Ziel bezieht, das nicht unter den Geltungsbereich des Tarifvertragsrechts fällt. Doch bei der Anwendung dieser Rechtsauffassung entsteht ein weiteres Problem, denn es lässt sich nicht mit dem Streikrecht vereinbaren, das im Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland zugesichert wird. Auch mit Blick auf die völkerrechtlichen Verträge ist ein Verbot politisch motivierter Streiks nicht durchsetzbar.

Wer trägt die wirtschaftlichen Folgen bei einem politischen Streik?

An dieser Stelle entsteht eine ungewöhnliche Situation. Bei Streiks im Rahmen von Tarifverhandlungen verbleibt der Schaden bei dem Unternehmen, das bestreikt wird. Diese Schäden sind die Druckmittel von Tarifstreiks. Aber auch bei einem politisch motivierten Streik entstehen den Unternehmen Schäden, obwohl sie in der Regel nicht an der Entstehung der Ursachen beteiligt sind und nur einen begrenzten Einfluss auf die Beseitigung der Ursachen haben. Außerdem sollten die Teilnehmer/-innen an politischen Streiks die arbeitsrechtlichen Konsequenzen kennen. Das BGA-Urteil aus dem Jahr 1952 verschafft den Arbeitgebern einen Vorteil. Arbeitnehmer haben bei einer Streikteilnahme keinen Anspruch auf die Weiterzahlung ihrer Entgelte. Im schlimmsten Fall kann die dadurch entstehende Fehlzeit als unentschuldigt gewertet werden und die dafür vorgesehenen Rechtsfolgen nach sich ziehen. Das heißt, die Schäden entstehen auch auf Seiten der Streikenden, die dabei Entgelteinbußen hinnehmen müssen. Deshalb hatten politische Streiks in Deutschland in der Vergangenheit auch Seltenheitswert.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 20/10746, Bundeszentrale für politische Bildung

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