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Neukundenbonus bei Insolvenz: Bald ein BGH-Urteil zu erwarten

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

Darf ein Insolvenzverwalter einen Neukundenbonus außer Kraft setzen? Mit dieser Frage muss sich demnächst der Bundesgerichtshof auseinandersetzen.

Bevor ein solches Verfahren zum Umgang mit dem Neukundenbonus bei Insolvenz gestartet werden kann, musste sich der Bundesgerichtshof (BGH) allerdings mit einer anderen Frage beschäftigen. Im Urteil zum Verfahren mit dem Aktenzeichen BGH IX ZR 267/20 musste entschieden werden, ob eine Musterfeststellungsklage bei der Insolvenz eines Unternehmens gegen den eingesetzten Insolvenzverwalter zulässig ist. Der Bundesgerichtshof machte mit dem Urteil von Ende Juli 2023 den Weg frei für die Musterfeststellungsklage eines Verbraucherschutzverbandes. Die Karlsruher Richter/innen bestätigten das erstinstanzliche Urteil, das im Juli 2020 unter dem Aktenzeichen MK 2/19 vom Oberlandesgericht München gefällt worden war.

Um welchen Sachverhalt soll es in der Musterfeststellungsklage gehen?

Die Verbraucherschutzorganisation bemängelt das Vorgehen des Insolvenzverwalters eines in Konkurs gegangenen Energieversorgers, der aufgrund der wirtschaftlichen Schieflage die Kundinnen und Kunden ab Jahresbeginn 2019 nicht mehr beliefern konnte. Das Unternehmen hatte zuvor Neukunden mit einem Bonus angeworben, der an einen Mindestumsatz pro Jahr gekoppelt war. Dieses erste Jahr der Laufzeit war bei mehr als 100.000 Kundinnen und Kunden zum Zeitpunkt der Einstellung der Lieferung nicht abgelaufen. Der Insolvenzverwalter berücksichtigte deshalb den vereinbarten Neukundenbonus in den Abrechnungen nicht und begründete das mit dem Aufrechnungsverbot aus dem Insolvenzrecht. Die Verbraucherschutzorganisation rügt diese Vorgehensweise und fordert eine volle Gewährung der Neukundenboni. Eine der Begründungen lautet, dass die als Minimum erforderliche Vertragslaufzeit von einem Jahr allein durch das Verschulden des Unternehmens nicht erreicht wurde.

Entscheidung per Musterfeststellungsklage hat Vorteile für Verbraucher/-innen

Eine Musterfeststellungsklage ist in Deutschland erst seit November 2018 möglich. Klageberechtigt sind nach den Regelungen des Paragrafen 606 der Zivilprozessordnung nur qualifizierte Einrichtungen, zu denen sich unter anderem die meisten deutschen Verbraucherschutzorganisationen zählen. Mit dem Vorliegen eines Urteils zu einer Musterfeststellungsklage ist es für geschädigte Verbraucher/-innen einfacher, ihre individuellen Forderungen durchsetzen zu können. Welche Auswirkungen diese Art von Klagen haben kann, zeigte bereits im Jahr der Einführung der Musterfeststellungsklagen die Klage des Verbraucherzentrale Bundesverbands in Kooperation mit dem ADAC zum Thema Dieselskandal. Allerdings gibt es auch Kritik zu den Regelungen rund um diese Form der Gerichtsverfahren. Sie richtet sich vor allem gegen die Tatsache, dass dieser Weg mit Unterstützung der Verbraucherschutzorganisationen nur für Verbraucher/-innen möglich ist. Für eine Vielzahl von geschädigten Gewerbetreibenden ist aktuell nach dem deutschen Prozessrecht keine Musterfeststellungsklage vorgesehen.

Quelle: BGH Aktenzeichen IX ZR 267/20

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