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Mitarbeiter: In der Freizeit unerreichbar

Laut einem Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein, sind Arbeitnehmer nicht verpflichtet, in ihrer Freizeit auf Kontakte des Arbeitgebers zu reagieren.

Wenn also der Arbeitgeber via SMS oder Whatsapp-Nachricht noch schnell Änderungen am Dienstplan übermittelt oder sonstige Sonderwünsche anmeldet, kann er nicht darauf pochen, dass der Mitarbeiter darauf reagiert. In seinem Urteil unter dem Aktenzeichen 1 Sa öD/22 hat das Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein entschieden: Nach Feierabend müssen Mitarbeiter nicht mehr für ihre Chefs erreichbar sein.

Worum ging es im zugrunde liegenden Fall?

Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Notfallsanitäter geklagt. Seine wöchentliche Arbeitszeit belief sich inklusive Bereitschaftsdienstzeiten auf 48 Stunden. In einer Betriebsvereinbarung wurde vereinbart, dass die Notfallsanitäter ebenfalls zu Springerdiensten verpflichtet werden können, wenn etwa ein anderer Mitarbeiter kurzfristig erkrankt. Dafür müsse der Arbeitgeber den Arbeitnehmer bis spätestens 20 Uhr am Vortag informieren. Die Mitarbeiter hatten zudem die Möglichkeit, den aktuellen Dienstplan im Internet einzusehen.

Für den 08.04.2021 benötigte der Arbeitgeber kurzfristig um sechs Uhr morgens einen Springer und hatte den Kläger dafür eingetragen. Allerdings erreichte er ihn in seiner Freizeit nicht telefonisch. Auch auf eine SMS reagierte der Mitarbeiter nicht. Er gab erst um 07:30 Uhr Bescheid, den Dienst antreten zu können. Allerdings hat der Arbeitgeber in der Zwischenzeit einen Mitarbeiter aus der Rufbereitschaft eingesetzt.

Der Kläger wurde an diesem Tag nicht mehr eingesetzt, er wurde ermahnt und es wurde ihm ein Tag als unentschuldigte Fehlzeit eingetragen. Im September 2021 sollte der Mitarbeiter erneut als Springer ab 06:30 Uhr eingesetzt werden, war aber am Vortag telefonisch – in seiner Freizeit – wieder nicht erreichbar. Sowohl die gesendete E-Mail, als auch die SMS des Arbeitgebers blieben unbeantwortet. Die Antwort erfolgte erst am darauffolgenden Tag um 07:30 Uhr. Gut eine Stunde später erschien der Mitarbeiter in der Rettungswache. Der Arbeitgeber erteilte ihm eine Abmahnung und trug die Zeit von 06:30 Uhr bis 08:26 Uhr erneut als unentschuldigte Fehlzeit ein.

Notfallsanitäter klagt auf Nachzahlung

Daraufhin verlangte der Kläger die Nachzahlung des vorenthaltenen Lohns sowie die Entfernung der Abmahnung aus seiner Personalakte. Er habe sein Handy bewusst auf stumm gestellt, um sich um seine Kinder kümmern zu können. Ebenfalls gab er an, er sei nicht verpflichtet, sich in seiner Freizeit zu informieren, wann er zu arbeiten habe. Die SMS habe er nicht gelesen, da sein Handy SMS von unbekannten Nummern automatisch in einen gesonderten Ordner verschiebt.

Der Arbeitgeber hielt dagegen: Die Veranlassung von Springerdiensten sei von seinem Direktionsrecht gedeckt. Zudem sei es dem Mitarbeiter zuzumuten, einen Blick auf den Dienstplan zu werfen, das sei schließlich keine Arbeit.

Das Landesarbeitsgericht hingegen sah die Sache anders und gab dem Mitarbeiter in allen Punkten recht. Der Arbeitgeber übe zwar sein Direktionsrecht durch Änderungen am Dienstplan zulässig aus. Allerdings müsse die Änderung dem Mitarbeiter auch zugehen. Dieser ist nicht verpflichtet, während seiner Freizeit Änderungen am Dienstplan zu prüfen. Auch seien Mitarbeiter nicht verpflichtet, in ihrer Freizeit SMS zu lesen oder Anrufe des Arbeitgebers anzunehmen.

Die Richter begründeten es als eines der „vornehmsten Persönlichkeitsrechte“, selbst über seine Freizeit entscheiden zu können. Das Lesen des Dienstplanes ist den Richtern zufolge eine „Arbeitsleistung“. Zu dieser seien Mitarbeiter in ihrer Freizeit jedoch nicht verpflichtet. Formal gehen die Änderungen am Dienstplan dem Mitarbeiter also erst bei Dienstbeginn, im besagten Fall um 07:30 Uhr, zu. Der Mitarbeiter hatte seine Arbeitsleistung ohne Erfolg angeboten, also steht ihm auch die Lohnfortzahlung zu. Zudem müsse die Abmahnung aus der Personalakte entfernt werden.

Quelle: JurAgentur

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