Alltagsmagazin.de

News und Tipps aus allen Lebensbereichen

Klimawandel: Küstenresilienz wird in vielen Regionen der Welt zum Problem

Driving along California 1 from Big Sur into Carmel.

Die bereits spürbaren Folgen des Klimawandels erfordern eine Verbesserung der Küstenresilienz. Sie muss unbedingt zeitnah erfolgen.

Als Küstenresilienz wird die Widerstandskraft von Küstenabschnitten gegenüber den schädigenden Einflüssen der Brandung sowie der erodierenden Wirkung von Stürmen und anderen Großwetterereignissen bezeichnet. Vor allem die Regionen mit Steilküsten müssen sich in naher Zukunft mit einem höheren Investitionsbedarf beschäftigen. Anderenfalls drohen Landmassenverluste und Schäden an Infrastrukturen in schwindelerregender Höhe. Welche katastrophalen Folgen eine geringe Küstenresilienz haben kann, zeigt jetzt schon ein Blick auf große Teile der amerikanischen Westküste.

Küstenresilienz in den USA durch Winterstürme und El Niño erheblich gefährdet

Besonders betroffen von den Folgen einer geminderten Küstenresilienz ist das Orange County in Kalifornien. Insgesamt besitzt das US-Bundesland rund 500 Meilen (umgerechnet mehr als 800 Kilometer) lange Steilküsten. Sie befinden sich genau in den Regionen, die am häufigsten durch heftige Stürme in Mitleidenschaft gezogen werden, die vom Pazifik ausgehend auf Land treffen. Welche kurzen Abfolgen und Intensitäten diese Stürme haben können, hat der Winter 2022/2023 sehr eindrucksvoll gezeigt. Mit den Folgen wird sich Kalifornien noch einige Zeit beschäftigen müssen, da die immensen Schneemengen auf den Bergen längst nicht auf das jahreszeitliche Durchschnittsniveau abgetaut sind. Nun droht den Steilküsten mit einer bereits deutlich geschwächten Küstenresilienz eine weitere Gefahr. Die von der National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) im Pazifik erhobenen Messdaten deuten auf einen starken El Niño 2023 hin. Er verändert die Temperaturen des Oberflächenwassers und bringt regelmäßig starke Stürme an der kalifornischen Küste hervor.

Infrastrukturen dicht am Strand erhöhen das Risiko für immense Schäden

Die Lossan-Eisenbahnlinie führt entlang der kalifornischen Westküste und ist bei Einheimischen und Touristen gleichermaßen beliebt. Durch umfangreiche Abbrüche der Steilküsten musste ihr Betrieb bereits mehrfach eingestellt werden. Auf der Strecke zwischen San Diego und San Luis Obispo wurde der sogenannte „Pacific Surfliner“ vom Betreiber Amtrak inzwischen auf einen Schienenersatzverkehr mit Bussen umgestellt. Mittlerweile gibt es im Orange County Überlegungen, die Gleisstrecke weiter ins Landesinnere zu verlegen. Die dafür anfallenden Kosten werden aktuell auf mindestens 5 Milliarden Dollar geschätzt. Eine andere Lösung bleibt kaum noch übrig, nachdem Versuche, den Boden unter den Küstengleisen zu stabilisieren, gescheitert sind. Ebenso betroffen von den Folgen der geringen Resilienz der kalifornischen Steilküsten ist die vor allem bei Touristen beliebte Küstenstraße mit der Nummer 1. Immer wieder müssen Abschnitte dieser Fernstraße gesperrt werden, weil Teile davon in den Pazifik gerutscht sind.

Managed Retreat: Eine andere Lösung gibt es vielerorts nicht mehr

Das rasante Bevölkerungswachstum im kalifornischen Orange County hat dafür gesorgt, dass die Bebauungen bis dicht an die Strände reichen. Gutverdiener und VIPs wollen zudem mehrheitlich von ihren Villen aus den unmittelbaren Blick auf den Pazifik genießen. Genau das wird jetzt zu einem Problem. Viele Eigentümer/-innen mussten bereits zuschauen, wie Teile ihrer Grundstücke und Gärten in den Fluten des Pazifiks verschwanden. Gouverneur Gavin Newsom kündigte an, die Mittel für die Stärkung der Küstenresilienz kürzen zu wollen. Für die Kommunen hat das fatale Folgen, denn sie müssen nun über einen „Managed Retreat“ nachdenken. Dieser Begriff bezeichnet einen koordinierten Rückbau der dicht an den Steilküsten befindlichen Gebäude und Infrastrukturen sowie eine Verlagerung weiter ins Landesinnere. Damit sind immense Kosten verbunden. Noch liegen keine offiziellen Schätzungen zur voraussichtlichen Höhe vor. Zu den Kommunen, in denen eine solche Lösung bereits in der Diskussion ist, gehört Santa Cruz. Die Stadt liegt etwa 100 Kilometer südlich von San Franzisco und zählt rund 63.000 Einwohner/-innen.

Auch Europa muss sich mit der Küstenresilienz beschäftigen

Schon in den Jahren 2013 bis 2017 gab es in Europa ein größeres und mit Fördermitteln der EU finanziertes Forschungsprojekt zur Küstenresilienz. Das Projekt unter der Federführung von Stichting Deltares aus den Niederlanden brachte unter der Beteiligung von mehr als einem Dutzend Universitäten das „Risc-Kit-Toolkit“ hervor. Es hilft bei der standardisierten Gefahrenanalyse für einzelne Küstenabschnitte und schuf die Basis für Frühwarnsysteme sowie einen ersten europaweiten Leitfaden für Präventionsmaßnahmen. Auch Deutschland muss sich damit beschäftigen, denn an der Ostsee und Nordsee gibt es mehrere Abschnitte mit gefährdeten Steilküsten.

Quelle: LA Times, Washington Post, ArcaMax, NOAA, Ecologic Institute Berlin

About Author