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Familien oft ärmer als gedacht

Vielen Familien geht es oft wesentlich schlechter als ursprünglich angenommen, zumindest aus finanzieller Sicht. Das haben jetzt Forscher aus Bochum herausgefunden. Im Auftrag der Bertelsmann Stiftung haben sie das Einkommen und den Wohlstand von Familien seit Anfang der 1990er Jahre neu berechnet.

Dabei legten die Forscher der Ruhr-Universität präzisere Kriterien als bisher zugrunde. Die selbst entwickelten Skalen haben die Wissenschaftler den üblicherweise verwendeten OECD-Skalen gegenüber gestellt.

Was sagen die unterschiedlichen Skalen zur Familienarmut aus?

Bei der OECD rechnet man für Kinder unter 14 Jahren mit dem Faktor 0,3, wenn es um die finanziellen Bedürfnisse geht, im Vergleich zum Erwachsenen. Bei Kindern über 14 Jahre wird der Faktor 0,5 angenommen. Diese starren Skalen allerdings sind laut den aktuellen Studienautoren nicht angemessen. Deshalb haben die Forscher aus Bochum Skalen eingesetzt, die auch das Einkommen der Familien berücksichtigen. Als Begründung nannten sie, dass ein geringeres Einkommen dafür sorge, dass jedes einzelne, zusätzliche Familienmitglied stärker ins Gewicht falle.

Vereinfacht ausgedrückt bedeutet das, dass die armen Familien in der Vergangenheit reicher gerechnet wurden, als sie tatsächlich sind. Insbesondere Familien mit vielen Kindern und Alleinerziehende haben laut der aktuellen Studie ein erhöhtes Armutsrisiko. Insgesamt 13 Prozent der Paare mit einem Kind, 16 Prozent mit zwei und 18 Prozent mit drei Kindern sind armutsgefährdet. Bei den Alleinerziehenden sind es laut Angaben der jüngsten Untersuchung sogar 68 Prozent.

Kinderbetreuung gewinnt an Bedeutung

Die Wissenschaftler stellten fest, dass kinderlose Paare von 1992 bis 2015 durch die Bank weg besser gestellt waren als Familien mit Kindern oder Alleinerziehende. Der Abstand zwischen armen und reichen Familien hat sich deutlich vergrößert. Nur Familien, bei denen der Arbeitsumfang der Eltern erhöht wurde, konnten ihre Situation verbessern. Das hieß in den meisten Fällen, dass die Frauen mitarbeiten mussten.

Wie die Studienautoren angaben, habe dazu vor allen Dingen der kontinuierliche Ausbau der Kindertagesstätten beigetragen. Die Erhöhungen des Kindergeldes haben jedoch kaum Auswirkungen gehabt. In diesem Punkt stützt die aktuelle Studie die Ergebnisse früherer Untersuchungen. Allerdings sind die Effekte im Vergleich zu diesen deutlich stärker als bisher angenommen.

In der Konsequenz fordert jetzt die Bertelsmann Stiftung, dass die Politik ihre Anstrengungen im Kampf gegen die Armut intensiviert. Insbesondere Alleinerziehende müssten stärker unterstützt werden, so die Forderung von Vorstand Jörg Dräger. Eine Reform der Existenzsicherung für Kinder schlägt er als konkrete Maßnahme vor. So sollte laut Dräger ein Teilhabegeld für Kinder eingeführt werden. In diesem müssten das bisherige Kindergeld, die Hartz-IV-Sätze für Kinder, der Kinderzuschlag, dessen Beantragung ohnehin allzu häufig als viel zu kompliziert kritisiert wird und Maßnahmen des Bildungs- und Teilhabepakets gebündelt werden.

Quelle: jog

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