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Die Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe in Deutschland

Die Debatte im Bundestag zum Thema Sterbehilfe in Deutschland begann am 13. November 2014 pünktlich. Entgegen den sonstigen Debatten ging es von Beginn an sehr emotional zu. Fast alle Redner begründeten ihre Standpunkte mit einem Schicksal, das sie in der eigenen Umgebung erlebt haben. Zuerst sprach der Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe von der CDU. Er stellt klar, dass er dafür ist, sowohl die Selbsttötung als auch die Beihilfe zur Selbsttötung nicht strafbar zu machen. Dieser Ansatz spiegelte sich in der Meinung vieler Sprecher bei der Bundestagsdebatte wieder, die von Michael Brand gestartet wurde, der sich klar gegen eine Sterbehilfe aussprach. Der gleichen Meinung war Kathrin Vogler von den Linken, die Bedenken äußerte, dass der begleitete Suizid eine unerwünschte Vorbildwirkung haben könnte.

Welche Meinungen gab es vor der Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe?

Schon vorab hatte der Vizepräsident des deutschen Bundestags, Peter Hintze, in einem Interview gegenüber dem Deutschlandfunk klar gemacht, dass er sich wünscht, dass Ärzte einem todkranken Menschen straffrei mit tödlichen Medikamenten helfen dürfen. Das die Kirchenvertreter sich dagegen stellen, ist logisch, da ein Suizid weder mit dem evangelischen noch dem katholischen Glauben vereinbar ist. Das wurde aus einem Statement von Kardinal Rainer Maria Woelki deutlich, dass in der FAZ veröffentlicht wurde. Er bezeichnete wörtlich die Hilfe der Ärzte bei einem geplanten Suizid als „Perversion“.

Neue Aspekte in der Diskussion um die Sterbehilfe in Deutschland

Einen sehr wichtigen Aspekt brachte Karl Lauterbach von der SPD in die Debatte um die Sterbehilfe ein. Er betonte in seiner Rede, dass es häufig gravierende Mängel in der Palliativmedizin sind, die alte und kranke Menschen in den Freitod treibt. Die Grünen-Vertreterin Elisabeth Scharfenberg wünschte sich strafrechtliche Konsequenzen für die geschäftsmäßig betriebene Sterbehilfe. Vertrauensärzte und Angehörige, die Menschen beim Sterben helfen, sollen auch ihrer Meinung straffrei bleiben. Johannes Singhammer forderte in seinem Statement ein Verbot für die gewerbsmäßig betriebene Sterbehilfe. Auch er betonte, dass die Palliativmedizin dringend verbessert werden muss. Danach kann seiner Meinung nach der Wunsch nach Sterbehilfe an sich verdrängt werden. Franz Josef Jung brachte mit dem Hinweis, dass Sterbehilfe in Deutschland verfassungswidrig ist, einen neuen Aspekt in die Diskussion ein.

Der weitere Verlauf der Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe

Einen bemerkenswerten Standpunkt zur Sterbehilfe vertrat die CDU-Abgeordnete Katherina Reiche. Sie betonte, dass sie Sterbehilfe durch Angehörige und Ärzte dann akzeptiert, wenn nachgewiesenermaßen auch die moderne Palliativmedizin nicht mehr helfen kann. Das sollte ihrer Meinung nach jeder Patient selbst beurteilen dürfen. Katrin Göring-Eckardt von den Grünen warf in die Debatte, dass viele alte und kranke Menschen nur deshalb den Freitod wählen, weil sie Angst haben, eine Last für ihre Angehörigen zu werden. Ähnlich argumentierte auch Hubert Hüppe (CDU). Er brachte als Argument die Ergebnisse einer amerikanischen Studie, nach der Menschen mit geringem Einkommen Suizid begehen, weil sie die Kosten einer angemessenen medizinischen Betreuung nicht tragen können.

Welche Rechte und Pflichten haben die Deutschen in Bezug auf das Leben?

Diese Frage brachte Matthias Birkwald (Die Linken) in die Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe ein. Er verwies darauf, dass im Grundgesetz zwar das Recht auf die Unversehrtheit des Lebens gibt, aber eine Pflicht zum Leben nicht verankert ist. Er forderte Straffreiheit sowohl für Ärzte als auch für Vereine, die Sterbehilfe leisten. Er bezeichnete die Sterbehilfe als „Letzte Hilfe“, auf die der Mensch den gleichen Anspruch hätte wie auf Erste Hilfe bei einem Notfall. Verbesserungen im Pflegebereich und der Palliativmedizin sowie den Ausbau der Betreuung in Hospizen forderte auch er. Die Grünen-Vertreterin Lisa Paus forderte, dass Ärzte und Vereine Menschen mit dem Wunsch nach einem Suizid straffrei helfen dürfen, macht aber gleichzeitig klar, dass dafür eindeutige Regelungen geschaffen werden müssen.

Die Sterbehilfe in Deutschland und der Hippokratische Eid

Claudia Lücking-Michel ist nicht nur CDU-Politikerin, sondern auch einer der führenden Köpfe beim Zentralkomitee der Deutschen Katholiken. Umso bemerkenswerter ist ihr Standpunkt zur Sterbehilfe. Sie möchte Sterbehilfe aus dem Strafrecht heraus halten, forderte aber gleichzeitig, dass Gesetze geschaffen werden müssen, nach denen kommerzielle Sterbehilfe verboten wird. Was die Hilfe der Ärzte bei einem gewünschten Suizid betrifft, verwies sie darauf, dass allein der Hippokratische Eid der Mediziner eine aktive Sterbehilfe nicht zulässt. Diesen Aspekt betonte auch Emmi Zeulner von der CDU in ihrem Diskussionsbeitrag. Volker Kauder von der CDU brachte seine Meinung sehr schlicht auf den Punkt: Menschen dürfen auch beim Sterben nicht allein gelassen werden. Pia Zimmermann von den Linken berief sich in ihrem Beitrag auf das Selbstbestimmungsrecht des Menschen. Das dürfe beim Umgang mit dem Tod nicht außer Acht gelassen werden. Dieser Aspekt beschäftigte offenbar auch Burkhard Lischka von den Linken, der sehr direkt äußerte, dass niemand dazu gezwungen werden darf, „qualvoll verrecken“ zu müssen. Auch René Röspel schließt sich dieser Meinung an, distanziert sich aber scharf von einer aktiven Sterbehilfe und fordert gleichzeitig mehr Fürsorge für alte und kranke Menschen.

Wie positionierten sich Ärztekammer und Marburger Bund zur Sterbehilfe?

Die Meinung des Marburger Bunds und der Bundesärztekammer brachte Rudolf Henke in die Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe ein. Er erklärte, dass die Patienten beim Sterben nicht allein sein möchten. Sie wollen, dass der Arzt ihres Vertrauens in diesen letzten Momenten an ihrer Seite bleibt. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass die Ärztekammern nicht das Recht haben, Ärzten die Approbation zu entziehen. Dafür sind allein die Bezirksregierungen verantwortlich, betonte Rudolf Henke. Rund ein Drittel der deutschen Ärzte wären grundsätzlich zur Sterbehilfe bereit, wenn für sie Rechtssicherheit hergestellt wird. Diese Zahl warf Johannes Fechner von der SPD in die Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe ein.

Die Bundestagsdebatte zur Sterbehilfe ist noch nicht zu Ende. Bevor es erste Gesetzesvorschläge geben wird, ist für den Februar 2014 eine weitere Debatte im Bundestag als Ergänzung der heutigen Orientierungsdebatte geplant.

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