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Brustkrebs: Heilung ja, aber Nachsorge kaum vorhanden

Brustkrebs kann immer häufiger erfolgreich behandelt werden. Die eigentliche Erkrankung wird also besiegt. Doch es folgen zahlreiche Folgeerkrankungen, vor allem psychischen Charakters. Das hat jetzt eine Studie der Wissenschaftler rund um Stefan Feiten vom Institut für Versorgungsforschung in der Onkologie in Koblenz herausgefunden. Befragt wurden dafür 734 Patientinnen zwischen 30 und 91 Jahren. Bei allen lag die Erstdiagnose Brustkrebs bereits mehr als drei Jahre zurück. Das Hauptergebnis: neun Prozent der Befragten hatten bereits vor der Krebsdiagnose psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen, nach der Diagnose waren es 19 Prozent.

Behandlungen bei Brustkrebs nicht individuell genug

Ebenfalls stellte sich in der Studie heraus, dass die Behandlungen bei Brustkrebs nicht individuell genug sind. Zwar werden höhere Heilungschancen durch standardisierte Leitlinien zur Behandlung erreicht, doch geht das oft zu Lasten der Patientinnen. Viele werden einfach übertherapiert, weil kaum Spielraum für eine individuelle Anpassung der Behandlung besteht. Andere entscheiden sich der Umfrage zufolge für eine Chemotherapie selbst dann, wenn diese nur einen rechnerischen Überlebensvorteil von 0,1 Prozent bzw. einem Tag mit sich bringt. Für die Ärzte ist mit der Behandlung und der Reha der Fall erledigt, die daraus resultierenden Spätfolgen spielen für sie kaum mehr eine Rolle.

Dabei sind diese durchaus vielfältig. So leiden insbesondere junge Frauen unter den Folgeerscheinungen der Brustkrebsbehandlung. Typische Folgen sind Hitzewallungen und verfrüht einsetzende Wechseljahre. Dadurch fühlen sich die Frauen weniger attraktiv, ein Zustand, der noch verstärkt wird, wenn die Brust abgenommen werden musste. Zusätzlich ergab die Studie, dass die Frauen in ihrer Leistungsfähigkeit deutlich eingeschränkt sind. So gaben 34 Prozent der Frauen an, unter Schmerzen zu leiden, bei 17 Prozent schwoll die betroffene Brustseite auch nach einer OP weiter an. 35 Prozent gaben sogar an, dass sie Arm und Schulter nicht mehr wie gewohnt einsetzen konnten. Das ist verbunden mit Benachteiligungen am Arbeitsplatz, vor allem bei körperlichen Arbeiten. 16 Prozent der Befragten gaben zudem an, sich zurückgesetzt zu fühlen.

Weitere Folgeschäden der Behandlung von Brustkrebs

Doch bei diesen körperlichen Schäden alleine bleibt es nicht. Gut zwei Prozent der Befragten gaben an, dass sie aufgrund der Chemotherapie unter Gedächtnis-, Wortfindungs- und Konzentrationsstörungen litten. Neuropsychologische Tests können das jedoch nicht bestätigen. Depressionen, Erschöpfungszustände und Ängste kommen bei ehemaligen Brustkrebs-Patientinnen zudem häufiger vor, als bei Frauen, die bisher gesund waren.

Allerdings gab die Studie auch an, dass durch Brustkrebs nicht unbedingt Probleme in der Beziehung auftreten. Drei Viertel der Befragten gaben an, dass sie keine Veränderung in ihrer Beziehung beobachtet haben. In zwölf Prozent war sogar ein engeres Zusammenwachsen des Paars zu beobachten. Allerdings gaben auch zwölf Prozent an, dass sich die Partnerschaft insgesamt verschlechtert habe. Vor allem auf junge Frauen traf es zu, dass sich die Beziehung verändert hatte.

Feiten erklärt dazu, dass junge Frauen im Beruf und Privatleben stärker eingespannt seien. Veränderungen und Einschränkungen würden sich bei ihnen demzufolge stärker bemerkbar machen.

Beratungsangebote für Brustkrebs-Patientinnen zu knapp

Thomas Schopperth ist nicht nur Psychoonkologe, sondern auch Geschäftsführer der Krebsgesellschaft Rheinland-Pfalz und Bundesvorsitzender der Deutschen Arbeitsgemeinschaft für Psychosoziale Onkologie. Er erklärt, dass es zu wenige Krebsberatungsstellen in Deutschland gibt. Seit 1986 betreut Schopperth Patienten und deren Angehörige und weiß daher, wie wichtig eine intensive Beratung durch Experten ist. Das Problem: Die wenigen Stellen, die noch existieren, sind aus finanziellen Gründen in ihrem Fortbestand nicht gesichert. Daher fordert Schopperth eine Finanzierung eben dieser Stellen aus Mitteln der Länder, der Kommunen, der Krankenkassen und Rentenversicherungsträger.

Schon während der frühen Behandlung von Brustkrebs sollten diese Beratungsstellen zur Verfügung stehen, um herauszufinden, welche Belastungen bei den Patienten vorliegen. Auch kann so der individuelle Hilfebedarf ermittelt und vermittelt werden. Sinn des Ganzen ist es, dass die Patienten ihr Leben trotz der Diagnose Krebs bzw. Brustkrebs selbstbestimmt weiterführen sollen. Damit das gelingt, müssen die Experten auch Hilfestellung bei Behörden- und Verwaltungsgängen bieten und sie müssen natürlich möglichst nahe am Wohnort der Patienten sitzen.

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