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BGH-Urteil zu Pauschalreisen und Reiserücktritten wegen COVID-19

Müssen Reisende Entschädigungen zahlen, wenn sie wegen COVID-19 von Pauschalreisen zurücktreten? Ein neues BGH-Urteil gibt Auskunft.

Das BGH-Urteil zu Reiserücktritten aufgrund von COVID-19 ist wegweisend. Bei Pauschalreisen hängt die Berechtigung der Reiseunternehmen zur Forderung von Stornogebühren und Entschädigungen von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab. Danach gehören nach den Begründungen im Beschluss zu den Verfahren unter den Aktenzeichen BGH X ZR 66/21 sowie X ZR 84/21 und X ZR 3/22 mehrere Faktoren, die neben der Art der gebuchten Pauschalreise auch in der Person der betroffenen Reisenden liegen können.

BGH-Urteil (X ZR 66/21) zu Pauschalreisen in Form von Flusskreuzfahrten

In diesem Verfahren hatten das Amtsgericht Bad Cannstadt und das Landgericht Stuttgart die Anwendung des Paragrafen 651h Absatz 3 bejaht. Diese Auffassung bestätigte der Bundesgerichtshof. Das heißt, dem Reiseveranstalter steht in diesem Fall keine Entschädigung zu. Die Klägerin hatte für Ende Juni 2020 eine Flusskreuzfahrt auf der Donau gebucht und diese zwei Wochen vor Reisebeginn unter Verweis auf COVID-19 storniert. Der Reiseveranstalter verlangte daraufhin 85 Prozent des Reisepreises als Entschädigung. Der Bundesgerichtshof begründet seine Entscheidung vor allem mit den räumlichen Verhältnissen an Bord von Flusskreuzfahrtschiffen und der zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestehenden Möglichkeit einer vorsorglichen Impfung. Die Klägerin wäre trotz ihres fortgeschrittenen Alters unter normalen Umständen zur Durchführung der Reise in der Lage gewesen. Allerdings muss bei der Beurteilung dieses Falles das Alter mit Blick auf das Risiko eines schweren Verlaufs von COVID-19 als unzumutbare Gesundheitsgefährdung berücksichtigt werden. Zudem lag zum Zeitpunkt der Stornierung der Flusskreuzfahrt eine (befristete) Reisewarnung vor. Diese Umstände rechtfertigen nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Verweigerung einer Entschädigung für den Reiseveranstalter.

BGH-Urteil im Verfahren X ZR 3/22 wurde aufgeschoben

Im Verfahren mit dem Aktenzeichen X ZR 3/22 ging es um eine für August 2020 gebuchte Ostseekreuzfahrt, die im März 2020 storniert wurde. Hier ist ergänzend zu berücksichtigen, dass der Reiseveranstalter die Kreuzfahrt selbst im Juli 2020 absagte. Hier beschloss der Bundesgerichtshof, das Verfahren auf der Grundlage des Paragrafen 148 der Zivilprozessordnung auszusetzen, da ein Verfahren mit ähnlichem Sachverhalt unter dem Aktenzeichen C-477/22 beim Europäischen Gerichtshof anhängig ist. Von dessen Ausgang will der Bundesgerichtshof seine Entscheidung in diesem Fall abhängig machen.

Wie fiel das BGH-Urteil zu Pauschalreisen nach Mallorca aus?

Im Verfahren X ZR 84/21 sah die Sachlage anders aus. In diesem Fall ging es um eine Pauschalreise in ein Hotel auf Mallorca, die im Juli 2020 stattfinden sollte und Anfang Juni 2020 storniert wurde. Als Gründe für die Stornierung wurden die allgemeinen Risiken durch COVID-19 und die Schließung des gebuchten Hotels angegeben. Das Amtsgericht und das Landgericht Düsseldorf hatten als Vorinstanzen einen Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters verneint. Der BGH kam in seinem Urteil zu dieser Art von Pauschalreisen zu einem anderen Schluss. Er hob die Urteile der Vorinstanzen auf und verwiese den Fall zur neuerlichen Entscheidung zurück. Die Schließung des eigentlich gebuchten Hotels und die Unterbringung in einem anderen Hotel führt nach Auffassung der Bundesrichter/-innen lediglich zu einem Anspruch auf eine Minderung des Reisepreises. Auch die zum Zeitpunkt der Reise auf Mallorca geltenden Infektionsschutzmaßnahmen rechtfertigten keine automatische und pauschale Annahme einer erheblichen Reisebeeinträchtigung. Dafür ist eine Gesamtwürdigung aller Umstände erforderlich. Dies wurde von den Vorinstanzen unterlassen.

Quelle: Bundesgerichtshof

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