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Statement des Europäischen Gerichtshofs zu Reiserücktrittsfolgen erwartet

Die Coronapandemie warf eine spezielle Frage bei Reiserücktrittsfolgen auf. Dazu wird es eine Grundsatzentscheidung des Europäischen Gerichtshofs geben.

Die zu erwartende EuGH-Entscheidung zu den Reiserücktrittskosten ist erforderlich, weil der Bundesgerichtshof Anfang August 2022 beschlossen hat, das unter dem Aktenzeichen BGH X ZR 53/21 anhängige Verfahren dort vorzulegen. Der Bundesgerichtshof begründet die Vorlage damit, dass derzeit noch eine höchstrichterliche Auslegung des Artikels 12 der Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union (EU 2015/2302) fehlt. Dabei steht die Frage im Vordergrund, wie mit Reiserücktritten im Zusammenhang mit den Problemen insbesondere zu Beginn der Coronakrise umzugehen ist.

Welche Fallkonstellation liegt der Frage zu Reiserücktrittsfolgen zugrunde?

Im konkreten Fall hatte der Kläger eine Urlaubsreise nach Japan gebucht, die am 3. April 2020 beginnen sollte. Doch bereits im Februar 2020 kam es in Japan infolge der Ausbreitung von COVID-19 zu massiven Einschränkungen der touristischen Angebote. Bei Großveranstaltungen wurden keine Besucher/-innen mehr zugelassen und auch die Schulen und Vergnügungsparks wurden geschlossen. Zudem kam es bereits Anfang Januar zu flächendeckenden Engpässen bei der Verfügbarkeit von Schutzmasken. Der Kläger entschloss sich deshalb am 1. März 2020 dazu, seine gebuchte Reise zu stornieren und wurde vom Reiseunternehmen mit Stornokosten in Höhe von 1.537 Euro belastet, die er auch zahlte. Am 26. März 2020 verhängte Japan als Schutzmaßnahme gegen die weitere Ausbreitung von COVID-19 ein Einreiseverbot. Daraufhin forderte der Kläger die bereits bezahlten Stornogebühren vom Reiseveranstalter zurück. Als der Reiseveranstalter dies verweigerte, zog der Kläger vor Gericht und gewann in erster Instanz (Amtsgericht München 243 C 10984/20). Das Reiseunternehmen zog daraufhin vor das Landgericht München (Aktenzeichen 13 S 669/21), welches den Rückforderungsanspruch des Klägers auf insgesamt 98,04 Euro herabsetzte. Danach landete der Fall beim Bundesgerichtshof.

Welche Meinung zu Reiserücktrittsfolgen vertritt der BGH?

Der Bundesgerichtshof gibt in der Begründung der Entscheidung zur Vorlage beim Europäischen Gerichtshof an, dass es bisher keine einheitliche Meinung in der Rechtsprechung gibt. Auch unter publizierenden Juristinnen und Juristen gibt es widersprüchliche Stellungnahmen zur Frage, ob der Absatz 3 des Paragrafen 651h des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Absatz 2 des Artikels 12 der Pauschalreise-Richtlinie der Europäischen Union angewendet werden können. Die Antwort hängt von der Auslegung der „unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände“ und der Definition der „erheblichen Beeinträchtigung“ ab, die beide Rechtsnormen identisch benennen. Der BGH ließ in der Begründung durchblicken, dass nicht nur der aktuelle Stand zum Zeitpunkt einfließen darf, sondern „(auch) nach dem Rücktritt aufgetretene Umstände“ mit berücksichtigt werden sollten. Das heißt, die Richter/-innen des BGH tendieren offenbar eher dazu die erstinstanzliche Entscheidung zu unterstützen, die dem Kläger eine volle Rückzahlung der Stornogebühren zugestanden hatte. Nun bleibt abzuwarten, wie sich der Europäische Gerichtshof dazu positioniert.

Quelle: Bundesgerichtshof X ZR 53/21

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