Alltagsmagazin.de

News und Tipps aus allen Lebensbereichen

Änderungen am SGB VII: Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten soll fallen

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

Einen Unterlassungszwang bei Berufskrankheiten soll es nach dem Willen der Bundesregierung künftig nicht mehr geben. Das geht aus einem von der Bundesregierung beschlossenen Entwurf zur Änderung der Sozialgesetzbücher hervor.

Schon seit einiger Zeit gibt es heftige Diskussionen dazu, ob der Unterlassungszwang bei Berufskrankheitennoch zeitgemäß ist. Das Bundesarbeitsministerium hatte den Zwang zu Unterlassung bereits im Herbst 2019 als „ein historisch überkommenes Instrument“ bezeichnet und eine Abschaffung gefordert. Am 4. März 2014 schickte die Bundeskanzlerin den inzwischen durch den Bundesrat geprüften Gesetzesentwurf zur Beschlussfassung an den Deutschen Bundestag.

Welche Berufskrankheiten sind von den Änderungen am Unterlassungszwang betroffen?

Eine Anerkennung war bisher bei insgesamt neun Berufskrankheiten lediglich bei einer vollständigen Unterlassung der auslösenden Tätigkeiten möglich. Dabei handelte es sich um die Erkrankungen, die in der offiziellen Liste der Berufskrankheiten der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) unter folgenden Nummern aufgeführt sind:

  • 1315 = Erkrankungen durch Cyanate
  • 2101 = Erkrankungen der Sehnenscheiden oder des Sehengleitgewebes sowie der Sehnen- und Muskelansätze
  • 2104 = vibrationsbedingte Durchblutungsstörungen an den Händen
  • 2108 = bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung
  • 2109 = bandscheibenbedingte Erkrankungen der Halswirbelsäule durch langjähriges Tragen schwerer Lasten auf der Schulter
  • 2110 = bandscheibenbedingte Erkrankungen der Lendenwirbelsäule durch langjährige, vorwiegend vertikale Einwirkung von Ganzkörperschwingungen im Sitzen
  • 4301 = durch allergisierende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen
  • 4302 = durch chemisch-irritativ oder toxisch wirkende Stoffe verursachte obstruktive Atemwegserkrankungen
  • 5101 = schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankungen

Die Notwendigkeit des Wegfalls des Unterlassungszwangs leitet der Bundesrat daraus ab, dass die Betroffenen häufig keine Möglichkeit zur Unterlassung haben. Das gilt beispielsweise für die Verletzung der Pflichten der Arbeitgeber und Berufsgenossenschaften bei der Mitwirkung an der Vermeidung von Berufskrankheiten. Außerdem kommen die Neuregelungen den Betroffenen zugute, die trotz einer Berufskrankheit zumindest noch in Teilzeit in der auslösenden Tätigkeit arbeiten können. Diese Besonderheit kommt vor allem im Zusammenhang mit den Berufskrankheiten mit der Katalognummer 2101 häufig vor.

Bundesrat fordert Entscheidungen zu Gunsten der Betroffenen

In seinen Kommentaren zu den geplanten Gesetzesänderungen für die Anerkennung von Berufskrankheiten geht der Bundesrat noch einen Schritt weiter. Bisher wurde die Anerkennung und Regulierung durch die Berufsgenossenschaft verweigert, wenn die Beweislage nicht 100-prozentig klar war. In solchen Fällen soll künftig zu Gunsten der betroffenen Versicherten entschieden werden. Das geht aus einer geforderten Ergänzung zu den Änderungen am Paragrafen 9 SGB VII hervor. Dort heißt es, dass die Berufskrankheit anerkannt werden muss, wenn „nach Ausschöpfung der verfügbaren Beweismittel und der sonstigen Erkenntnisse mehr für als gegen die Annahme einer entsprechenden Einwirkung spricht“.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 19/17586

About Author