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Trauer um Michail Gorbatschow

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Michail Gorbatschow ist im Alter von 91 Jahren gestorben. Der Friedensnobelpreisträger gilt bis heute als „Totengräber der Sowjetunion“ und hat maßgeblich zur Wiedervereinigung in Deutschland beigetragen.

Wie das Zentrale klinische Krankenhaus (ZKB) in Moskau mitteilte, sei Michail Sergejewitsch Gorbatschow nach schwerer, langer Krankheit gestorben. Zuvor hatten bereits die russischen Nachrichtenagenturen Tass und Interfax davon berichtet. Weltweit wurde Gorbatschow als Politiker geschätzt und gilt bis heute als einer der Väter der Deutschen Einheit sowie als Wegbereiter für das Ende des Kalten Krieges.

Diesmal ist die Todesnachricht echt

Inzwischen liegen mehrere offizielle Bestätigungen dafür vor, dass Michail Gorbatschow am 30. August 2022 verstorben ist. Der Verweis auf offizielle Bestätigungen zum Tod von Michail Gorbatschow hat seine Berechtigung. In der Vergangenheit gab es mehrfach Fakenews zum vermeintlichen Tod des ehemaligen Staatschefs der Sowjetunion. Im Jahr 2013 waren Hacker in das Netzwerk der staatlichen Nachrichtenagentur RIA Novosti eingedrungen und hatten eine solche Falschmeldung verbreitet. Bereits zuvor hatte es mehrere derartige Falschmeldungen gegeben, die es auch bis in die großen Medien geschafft hatten. Diesmal ist es keine Falschmeldung. Das beweist ein offizielles Kondolenz-Statement, das Wladimir Putin über seinen Pressesprecher Dmitri Peskow veröffentlichen ließ.

Wie verlief der Weg von Michail Gorbatschow zum Staatschef?

Michail Sergejewitsch Gorbatschow erblickte im März 1931 als Sohn einer bäuerlichen Familie das Licht der Welt. Er absolvierte in Moskau ein Jurastudium und wurde bereits mit 19 Jahren Mitglied in der kommunistischen Jugendorganisation Komsomol und trat mit 21 Jahren in die KPdSU ein. In seinen frühen 30er Jahren absolvierte Gorbatschow eine zweite Ausbildung zum Agrarwirt. Sie sorgte für seinen Einstieg in die höhere Politik der ehemaligen Sowjetunion über den Agrarsektor. Ab 1985 war er Generalsekretär des Zentralkomitees der KPdSU und übernahm im Frühjahr 1990 die Funktion des Staatschefs, aus der er jedoch bereits Ende 1991 zurücktrat. Die Funktion des Vorsitzenden des Obersten Sowjets (oberste Volksvertretung) hatte er bereits im Herbst 1988 übernommen.

Welches Lebenswerk hat Michail Gorbatschow der Welt hinterlassen?

Michail Gorbatschow führte in den 1980er Jahren die Sowjetunion. Zusammen mit den USA hat er damals wegweisende Verträge zur atomaren Abrüstung und Rüstungskontrolle geschlossen. Auch in der eigenen Heimat hatte der Generalsekretär der Kommunistischen Partei mit seiner Politik von Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) den Anstoß für einen bis heute beispiellosen Reformprozess gegeben. Die Menschen in dem bis dato totalitärem System genossen anschließend nie da gewesene Freiheiten.
1990 wurde Michail Gorbatschow dann auch für seine mutigen Reformen mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Schließlich führte der politische Prozess zu deutlichen Umbrüchen in allen Republiken der einstigen Sowjetunion bis hin zum Zusammenbruch des gesamten kommunistischen Imperiums.

Gorbatschow in Russland umstritten

Dennoch gilt Michail Gorbatschow in seiner Heimat als sehr umstrittener Politiker. Viele Russen sehen den einstigen Partei- und Staatschef als „Totengräber der Sowjetunion“. Sie werfen Gorbatschow bis heute einen fehlenden Machtinstinkt vor. 1991 trat Gorbatschow als Präsident der Sowjetunion zurück, kurz darauf löste sich der Staat selbst auf. Damals wurde Boris Jelzin russischer Präsident. Er lebte von 1931 bis 2007.
Gorbatschow hat sich bis zu seinem Tod um seine eigene politische Stiftung in Moskau gekümmert, die sich für demokratische Werte und eine Annäherung Russlands an den Westen einsetzt. Er war Miteigentümer der kremlkritischen Zeitung „Nowaja Gaseta“, in deren Artikeln immer wieder Missstände in Russland aufgedeckt werden. Nicht zuletzt hat Gorbatschow den amtierenden Kreml-Präsidenten Wladimir Putin immer wieder dazu aufgefordert, die Freiheiten der Medien und der Wahlen nicht länger einzuschränken.

Gorbatschow vom Westen enttäuscht

In seiner Laufbahn schrieb Michail Gorbatschow auch etliche Bücher. Zuletzt erschien ein Buch über seine Enttäuschung über den Westen im Allgemeinen und die Deutschen im Besonderen. Er beklagte, dass neue Feindbilder gegen Russland gezeichnet würden. 2019 konnte er aus gesundheitlichen Gründen auch nicht zu den Feierlichkeiten zum 30. Jahrestag des Mauerfalls anreisen. In den letzten Jahren lag Michail Gorbatschow immer wieder im Krankenhaus und ist nun an den Folgen von Alter und Krankheit gestorben.
Laut Nachrichtenagentur dpa soll Gorbatschow, zu dessen Tod sich weltweit viele Politiker bereits geäußert haben, auf dem Neujungfrauenfriedhof für Prominente in Moskau beerdigt werden – direkt neben seiner Frau Raissa. Sie war bereits 1999 nach langer, schwerer Krankheit in Münster gestorben.

Beisetzung von Michail Gorbatschow wird durch aktuelle Situation zum Politikum

Unklar bleibt jedoch, welche internationalen Gäste zur Trauerfeier kommen werden – vor allem aufgrund des aktuellen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine sowie der Sanktionen seitens der USA und der EU. Etliche ranghohe EU-Politiker wurden als Reaktion auf die Sanktionen mit Einreiseverboten belegt. Zudem ist der Luftraum über Russland für „unfreundliche EU-Staaten“ gesperrt.
Deshalb bleiben ihnen nur offizielle Statements. US-Präsident Joe Biden bezeichnete in seinem Statement Gorbatschow wörtlich als „Mann mit außergewöhnlicher Weitsicht“. Bundeskanzler Olaf Scholz nannte ihn einen „mutigen Reformer“ und betonte die Bedeutung von Gorbatschows Arbeit für ganz Europa.

Quelle: dpa, TASS, RIA, Bundesrrgierung, Weißes Haus

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