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Bund lässt sich 3. Entlastungspaket 65 Milliarden Euro kosten

Plenarsaal Bundestag

Das 3. Entlastungspaket war mit Spannung erwartet worden. Die Palette der Maßnahmen ist breit gefächert. Sie kosten mehr als beide vorherigen Pakete.

Die Bundesregierung setzt für das dritte Entlastungspaket die stolze Summe von 65 Milliarden Euro ein. Sie stammen teilweise aus Haushaltsreserven und sollen zum Teil aus den „inflationsgetriebenen Steuerzusatzeinnahmen“ (so wörtlich der Bundesfinanzminister Christian Lindner) in den Jahren 2022 und 2023 finanziert werden. Das neue Paket besteht aus einer Vielzahl einzelner Maßnahmen. Allerdings gab es zu einem Nachfolger des 9-Euro-Tickets noch keine konkreten Aussagen, außer dass der Bund dafür 1,5 Milliarden Euro Fördergelder bereitstellt. Für eine endgültige Aussage müssen zuerst die Verhandlungen mit den Bundesländern abgeschlossen werden.

Welche Zuschüsse und Leistungen bringt das 3. Entlastungspaket?

Zuerst einmal wird mit dem 3. Entlastungspaket eine Ungerechtigkeit beseitigt, die von den Sozialverbänden heftig kritisiert wurde. Den pauschalen Energiekostenzuschuss in Höhe von 300 Euro sollen nun auch Rentner/-innen erhalten. Studierende bekommen einen einmaligen Zuschuss in Höhe von 200 Euro. Zum genauen Zeitpunkt der Auszahlungen machten Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundesfinanzminister Christian Linder in der Bundespressekonferenz noch keine genauen Angaben. Zudem sind eine Erhöhung des Bundeskindergelds um 18 Euro pro Monat sowie eine Erhöhung des Kinderzuschlags geplant. Beide Politiker gaben wörtlich an, dass die Erhöhung „in vollem Umfang ankommen“ soll. Deshalb liegt die Schlussfolgerung nahe, dass keine Verrechnung mit dem Unterhaltsvorschuss vorgenommen wird.

Bürgergeld und Regelsätze: Was hat die Bundesregierung beschlossen?

Zudem soll das Bürgergeld vorgezogen werden. Das bedeutet eine Anhebung der Regelsätze für Erwachsene auf etwa 500 Euro pro Monat, was für die Bezugsberechtigten ein Plus von etwa 50 Euro pro Monat bedeuten würde. In einem ähnlichen Umfang sollen auch die Regelsätze für Kinder und Jugendliche steigen. Dort zeichnet sich ein grundsätzlicher Wandel ab. Bisher wurden die Regelbedarfssätze auf der Grundlage der Inflationsrate der ersten sechs Monate des Vorjahrs festgelegt. In Zukunft soll dafür die prognostizierte Inflationsrate für die ersten Monate nach der Neufestsetzung als Basis genutzt werden.
Außerdem ist eine Wohngeldreform geplant, durch die sich die Anzahl der Wohngeldberechtigten in Deutschland fast verdreifachen wird (nach Angaben von Bundeskanzler Olaf Scholz auf etwa 2 Millionen Menschen).

Was sagt das 3. Entlastungspaket zu Steuern und Abgaben?

Die wichtigste Nachricht bezüglich der Sozialversicherung betrifft die sogenannte Gleitzone für Midijobs. Bisher liegt der Einkommensbereich, in dem die Arbeitnehmer/-innen einen verringerten Beitrag zur Sozialversicherung zahlen mussten, bei einer Obergrenze von 1.300 Euro. Dieser Grenzwert steigt bereits ab Oktober 2022 um 300 Euro auf dann 1.600 Euro. Ab Januar 2023 kündigte Olaf Scholz einen weiteren Anstieg auf 2.000 Euro an. Das heißt, von dieser Gleitzonenregelung würden dann alle Menschen profitieren, die (ohne Zuschläge) zum Mindestlohn von 12 Euro pro Stunde arbeiten, der ab Oktober 2022 in Deutschland gilt.
Bei der Einkommenssteuer gab es bereits eine Erhöhung des Steuergrundfreibetrags. Nun hat die Bundesregierung beschlossen, rund um das 3. Entlastungspaket in den unteren und mittleren Einkommensbereichen die Progressionskurve weiter zu verringern. Doch es gibt einen weiteren Grund zur Freude. Leisten Unternehmen einmalige Zahlungen als Inflationsausgleich (freiwillig oder auf der Basis von Tarifverträgen) bleiben diese Zahlungen bis zu einer Summe von 3.000 Euro abgaben- und steuerfrei. Die Begründung lautete, dass der Staat an diesen Zahlungen nicht mitverdienen will. Zudem sind künftig alle Rentenbeiträge voll von der Steuer absetzbar. Olaf Scholz und Christian Lindner ließen allerdings offen, ob diese Regelung nur die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung oder auch die Beiträge für private Rentenzusatzversicherungen betrifft.

Übergewinnsteuer und Strompreisdeckel sollen kommen

Die in den letzten Tagen viel diskutierte Übergewinnsteuer bezeichneten Christian Lindner und Olaf Scholz wörtlich als „umgekehrte EEG-Umlage“. Damit will die Bundesregierung die sogenannten „Zufallsgewinne“ im Strommarkt abschöpfen. Sie entstehen bei den Stromversorgern, die von den erhöhten Kosten für Erdgas nicht betroffen sind. Als Beispiele benannten der Bundeskanzler und der Bundesfinanzminister Solarparks und Windparks, die jetzt „ohne eigenes Zutun von der allgemeinen Marktlage profitieren“. Dazu gehören (auch wenn sie ungenannt blieben) ebenso die Betreiber von Wasserkraftwerken, Atomkraftwerken, Kohlekraftwerken und Geothermiekraftwerken.
Dabei ist ein maximaler Gewinnanteil angedacht. Was darüber hinaus geht, bekommt der Bund, wobei dies allerdings nicht – wie der Begriff Übergewinnsteuer nahelegt – über steuerrechtliche Instrumente erfolgen soll. Der Bund will diese Einnahmen dazu verwenden, um beispielsweise die Netzentgelte zu bezuschussen. Das würde auf direktem Weg eine Reduzierung der Strompreise bewirken. Zudem sinkt durch die Abschöpfung der Zufallsgewinne das Interesse der Energieunternehmen, diese Art von Gewinnen zu erzielen, was durch den auf dem Markt vorhandenen Strommix eine allgemeine und nachhaltige Reduzierung der Strompreise bringt.
Einen Weiterbetrieb der in Deutschland noch am Netz befindlichen Atomkraftwerke schließt Olaf Scholz nicht aus. Die Entscheidung soll von den Resultaten der aktuell durchgeführten Stresstests abhängig gemacht werden.

Wie will die Bundesregierung das 3. Entlastungspaket finanzieren?

Die Aufnahme neuer Staatsschulden ist dafür nicht erforderlich. Ein Teil der Gelder stammt aus den Reserven, die bereits in den Staatshaushalt für 2022 und 2023 eingestellt wurden. Zudem betonten sowohl der Bundeskanzler als auch der Bundesfinanzminister, dass dafür „inflationsgetriebene Mehreinnahmen“ aus der Steuer zum Einsatz kommen sollen. Sie fallen durch die gestiegenen Preise vor allem im Bereich der Mehrwertsteuer an. Die Bezuschussung der Strompreise erfolgt über einen in sich geschlossenen Kreislauf aus den Geldern, die aus der Abschöpfung der „Zufallsgewinne“ eingenommen werden. Deshalb läuft die so geschaffene „Strompreisbremse“ auch unter der Zuständigkeit des Bundeswirtschaftsministeriums und nicht unter der Aufsicht des Bundesfinanzministeriums.

Quelle: Bundespressekonferenz vom 4. September 2022

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