Aktuell gibt es heftige Diskussionen über gendergerechte Bezeichnungen und die korrekten Schreibweisen in Deutschland. Viele Menschen halten sie für amüsant und überflüssig. Doch es ist nicht das erste Mal in der deutschen Geschichte, dass es derartige Änderungen im Sprachgebrauch gibt. Ein historisches Beispiel ist die Abschaffung der
Warum wurde die Anrede Fräulein in Deutschland abgeschafft?
Diese Frage stellt sich beim Blick auf andere Länder. Im englischen Sprachgebrauch gibt es die Unterscheidung zwischen Frau und Fräulein noch. Unverheiratete Frauen werden mit „Miss“ angesprochen, während für verheiratete Frauen die Anrede „Mistress“ (kurz Mrs.) verwendet wird. Im Französischen findet sich die Unterscheidung in „Madame“ und „Mademoiselle“. Im Spanischen ist die Differenzierung in „Señora“ und „Señorita“ üblich. In Deutschland wurde im Jahr 1971 ein Erlass vorbereitet, nach dem die Verwendung von Fräulein als Anrede in Behördenbriefen mit Wirkung zum Jahresbeginn 1972 verboten wurde. Der Grund dafür waren Beschwerdebriefe von Frauen ans Innenministerium. Sie fühlten sich durch die Anrede als Fräulein lächerlich gemacht und in ihren Leistungen herabgewürdigt. Die Forderungen nach einer Änderung des Sprachgebrauchs begründeten sie außerdem mit der Tatsache, dass die deutsche Sprache kein Pendant als Anrede für unverheiratete Männer kennt. Die Deutsche UNESCO-Kommission kam später zu der gleichen Schlussfolgerung.
Ein Blick auf die Geschichte der Bezeichnung Fräulein
Bis ins späte 19. Jahrhundert hinein war die Anrede Fräulein unverheirateten weiblichen Adeligen vorbehalten. In anderen Gesellschaften wurden die Anrede Jungfer und die Bezeichnung Weib verwendet. Danach setzte sich die Anrede Fräulein für berufstätige Frauen durch. Zeitweise (von 1880 bis 1919) gab es im Deutschen Reich sogar eine Rechtsnorm, nach welcher nur unverheiratete Frauen als Lehrerinnen arbeiten durften (Lehrerinnenzölibat). Dazu ist wissenswert, dass Frauen eine Berufstätigkeit damals nur vor der Heirat erlaubt war. Noch bis in die Mitte des 20. Jahrhundert durften Männer ihren Ehefrauen in Deutschland das Arbeiten verbieten. Der dafür verantwortliche Paragraf 1354 des Bürgerlichen Gesetzbuchs wurde erst im Jahr 1957 abgeschafft. Die ehemalige DDR-Regierung schaffte die Anrede Fräulein im Amtsdeutsch bereits im Jahr 1951 ab. Es war einer der ersten Schritte zur Gleichstellung, denn mit der Vereinheitlichung der weiblichen Anrede war der Familienstand bei Frauen genau wie bei Männern zur Privatsache.
Quelle: Innenministerium, BGB alte Fassungen, Ministererlass Deutsches Reich
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