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„Zwölf Stämme“ – Eltern klagen gegen Sorgerechtsentzug

Die Sekte „Zwölf Stämme“ hat mehrere Kinder wegen Misshandlung verloren. Jetzt klagen einige Eltern vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gegen den Sorgerechtsentzug.

Dabei sieht alles so friedlich aus, wenn man sich die Internetseiten der Sekte „Zwölf Stämme“ anschaut. Die Kinder musizieren, die Erwachsenen sitzen lächelnd ums Lagerfeuer herum, es wird getanzt und gesungen. Die Realität soll dagegen ganz anders aussehen.

„Zwölf Stämmen“ wird Kindesmisshandlung vorgeworfen

So haben deutsche Behörden der Sekte systematische Kindesmisshandlung vorgeworfen. Die Kinder sollen regelmäßig mit Rutenschlägen gezüchtigt worden sein. Schon 2013 holte die Polizei deshalb rund 40 Kinder aus den beiden Gemeinschaften der „Zwölf Stämme“ in Bayern.

Insgesamt vier Elternpaare wehren sich jetzt gegen den teilweisen Sorgerechtsentzug vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Sie geben an, dass mit dem Entzug des Sorgerechts gegen ihr Recht auf Privat- und Familienleben verstoßen worden sei. Das Gericht in Straßburg will zu dem Fall noch heute eine Entscheidung treffen.

„Zwölf Stämme“ seit über 40 Jahren aktiv

Ursprünglich als Religionsgemeinschaft „Vier Stämme“ in den 1970er Jahren in den USA ins Leben gerufen, hat sich die Sekte mittlerweile auch in Europa verbreitet. Einige der Sektenmitglieder zogen vor Jahren schon in die bayerischen Gemeinden Klosterzimmern und Wörnitz. Damals weigerten sich die Eltern, ihre Kinder auf eine staatliche Schule zu schicken. Das bayerische Kultusministerium genehmigte der Sekte daraufhin eine eigene Schule.

Dort allerdings waren Prügelstrafen an der Tagesordnung. Dabei beruft man sich innerhalb der Sekte auf die Bibel. Kinder bis zum Alter von 14 Jahren werden aus Sicht der Sekte mit Rutenschlägen angemessen gezüchtigt. Von einem Aussteiger heißt es, dass er seine acht Monate alte Tochter misshandelt habe. Als sie nicht still auf seinem Schoß sitzen wollte, habe er sie eineinhalb Stunden lang festgehalten und ihren Kopf auf ihre Brust gedrückt. Der Aussteiger sprach von einem Erziehungsstil der „bedingungslosen Unterordnung“. Die Bestrafungen seien auch bei Erwachsenen an der Tagesordnung gewesen.

Einige Sektenmitglieder wurden bereits verurteilt

Aufgrund der Misshandlungen wurden schon mehrere Sektenmitglieder verurteilt. Eine einstige Lehrerin an der Schule der Sekte erhielt die härteste Strafe. Sie musste für zwei Jahre ohne Bewährung ins Gefängnis, nachdem sie Prügelstrafen für Kinder verhängt hatte, wenn diese gestottert oder schlecht vorgelesen hatten.

Mittlerweile haben die Sektenmitglieder Deutschland aufgrund der hier drohenden Strafverfolgung verlassen. Sie sind nach Tschechien, genauer in die Nähe von Prag umgezogen. Die 40 Kinder, die einst aus der Sekte geholt wurden, sind zum Großteil zu ihren Eltern zurückgekehrt – teilweise weil sie mittlerweile volljährig sind, teilweise, weil die Eltern das Sorgerecht zurückbekamen oder die Sekte verlassen haben.

Quelle: dpa

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