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Schmerzpatienten dürfen laut aktuellem Urteil Cannabis daheim anbauen

Schon seit längerem dürfen Schmerzpatienten Cannabis mit einer Ausnahmegenehmigung konsumieren. Allerdings ist das Mittel, das in der Apotheke erworben werden kann, sehr teuer. Die Rede ist von teils 15 Euro pro Gramm Cannabis, einige Betroffene berichten von monatlichen Kosten zwischen 800 und 1.000 Euro. Selbst bei einem recht guten Verdienst ist das zu teuer. Deshalb haben jetzt fünf Betroffene vor dem Kölner Verwaltungsgericht geklagt. Sie hatten bei den Behörden den Eigenanbau von Cannabis in ihrer Wohnung beantragt, der jedoch abgelehnt wurde. Die Kölner Verwaltungsrichter entschieden in drei Fällen zu Gunsten der Klagenden (Aktenzeichen: 7 K 4447/11, 7 K 4450/11 und 7 K 5217/12) und in zwei Fällen wurde die Klage abgewiesen (Aktenzeichen: 7 K 4020/12 wegen der Wohnsituation und 7 K 5203/10 wegen Behandlungsalternativen).

BfArM muss Cannabis-Anbau in Einzelfällen erlauben

Das Gericht bestätigte mit den drei für die Klagenden positiven Urteilen, dass die Behörde in Bonn ihre Entscheidung überprüfen muss. Zudem gibt es vor, dass das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in Einzelfällen den Cannabis-Eigenanbau erlauben muss. Dieses Urteil hat für Schmerzpatienten, die auf Cannabis zur Therapie angewiesen sind, große Auswirkungen. Zudem könnte es zahlreiche weitere Klagen nach sich ziehen.

Das BfArM bekommt allerdings noch Spielraum in seinen Entscheidungen. So können zusätzliche Sicherungsmaßnahmen auferlegt werden, um dem Cannabis-Eigenanbau zuzustimmen. Auch die Umstände des Hanfanbaus können überprüft und mit Auflagen versehen werden. Allerdings dürfen dabei keine unzumutbaren Hürden aufgestellt werden. Die Maßnahmen zur Einbruchsicherung gegen Diebstahl beispielsweise müssen in einem vernünftigen Verhältnis zur von Cannabis ausgehenden Gefahr stehen, wie der Vorsitzende Richter Andreas Fleischfresser erklärt.

Betroffene freuen sich über mögliche Erlaubnis für Cannabis-Anbau

Die betroffenen drei erfolgreichen Kläger dürften sich freuen. Die Männer zwischen 34 und 61 Jahren leiden unter Schmerzen wegen Multipler Sklerose, nach einem Verkehrsunfall und aufgrund der Aufmerksamkeitsstörung ADHS. Alle Kläger haben eine lange Therapie hinter sich, bei der bisher nur Cannabis angeschlagen und eine lindernde Wirkung mit sich gebracht hat.

Bei einem der Kläger war jedoch die Wohnsituation so, dass er den Zugriff Unbefugter nicht ausreichend vermeiden konnte, weshalb seine Klage abgewiesen wurde. Dem anderen Kläger, dessen Klage abgewiesen wurde, unterstellten die Richter, noch nicht alle Behandlungsmaßnahmen ausgeschöpft zu haben.

Es gibt auch Kritik am Cannabis-Eigenanbau

Allerdings gibt es auch Kritik am aktuellen Urteil, so etwa von Eugen Brysch, dem Vorsitzenden der Stiftung Patientenschutz. Er begrüßt das Urteil zwar grundsätzlich, hält es aber nicht für die beste Lösung. Seiner Meinung nach könnte jetzt wöchentlich eine neue Klage auf Cannabis-Eigenanbau eingehen. Zudem kritisiert er die horrenden Preise für Cannabis, die in der Apotheke verlangt werden und die fehlende Kostenübernahme durch die Krankenkassen.

Auch das BfArM sieht Gefahren im eigenverantwortlichen Anbau von Cannabis. Zum Einen könnte es zu Über- und Unterdosierungen kommen, zum Anderen könnte die Wirkstoffzusammensetzung nicht optimal erfolgen, heißt es.

Hintergrundinfos zu Cannabis

Wirkstoff und WirkweiseMedikamenten-ZulassungErlaubnis durch BfArM nötig
Hauptinhaltsstoff von Cannabis ist Delta-9-TCH, das auch als THC oder Dronabinol bekannt ist. Diesem Stoff wird eine schmerzlindernde und krampflösende Wirkung nachgesagt.
Seit 2011 ist ein Medikament auf Basis von Cannabis zugelassen, das schwer kranke Menschen unter bestimmten Voraussetzungen einnehmen dürfen. In Ausnahmefällen dürfen auch getrocknete Blüten und Extrakte aus Blättern und Blüten in der Apotheke erworben werden.
Um die Cannabis-Extrakte und –Medikamente konsumieren zu dürfen, benötigen betroffene Patienten eine Erlaubnis des BfArM. Diese wurde bundesweit bisher nur für 272 Personen ausgestellt. Die Erlaubnis, die eigentlich illegale Droge Cannabis zu Hause anzubauen, wurde vom BfArM bisher noch nie erteilt.

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