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Pflegenotstand – Gefahr für Patienten?

Pünktlich zum Start des 134. Chirurgenkongresses, der diese Woche in München stattfindet, warnen die deutschen Chirurgen vor einem Pflegenotstand. Tim Pohlemann, Präsident des Kongresses, erklärte, dass es zwar massive medizinische Fortschritte auch in der Chirurgie gäbe, aber ein Mangel an Pflegekräften die Behandlungserfolge minimieren könne. Die Patienten in Deutschland würden immer schlechter vor- und nachversorgt, wenn sie sich einer Operation unterziehen. Die ausreichende Versorgung vor und nach einem chirurgischen Eingriff sei aber entscheidend für eine möglichst geringe Komplikationsrate.

Pflegekräfte müssen sich um zu viele Patienten kümmern

Pohlemann geht weiter davon aus, dass Pflegekräfte, die ihre Patienten häufiger sehen, auch schneller bemerken, wenn etwas nicht stimmt. Auch Untersuchungen belegen den Pflegenotstand in Deutschland. Bei der Personalausstattung in Kliniken fällt die Situation in Deutschland besonders negativ auf. Pohlemann erklärt, dass viele Kliniken die Pflege als Kostenfaktor ansehen und deshalb in diesem Bereich zunehmend Einsparungen vornehmen.

Einer Analyse der Gewerkschaft Verdi zufolge ist eine Pflegekraft in Deutschland für 13 Patienten verantwortlich. In den USA kümmert sie sich um 5,3 Patienten, in Schweden und der Schweiz um acht Patienten. Durch die hohe Patientenzahl, die es zu versorgen gilt, kommt es auch zu Vernachlässigungen bei der Hygiene, wie die Untersuchungen zeigen. Es bleibt zu wenig Zeit, die vorgeschriebenen Desinfektionen immer wieder vorzunehmen.

Geringe Löhne schaffen wenig Anreiz für Pflegekräfte

Wie aus Angaben des Deutschen Pflegerats hervorgeht, bleibt die Pflegebranche auch lohntechnisch hinter anderen Branchen zurück. Zudem seien die Unterschiede zwischen Kranken- und Altenpflegern deutlich angestiegen. Andreas Westerfellhaus, Präsident des Pflegerats, spricht von einem Lohngefälle von 30 Prozent in den neuen und 18 Prozent in den alten Ländern.

Daher sei das häufig zitierte Ziel „Gleicher Lohn für gleiche Arbeit“ noch lange nicht erreicht. Und das, obwohl gute Löhne und attraktive Arbeitsbedingungen zwingend erforderlich sind, um den Pflegenotstand nicht noch weiter auszubauen. Dass dieser in immer stärkerem Maße droht, zeigt schon die demografische Entwicklung. Die Gesellschaft altert und der Bedarf an Pflegepersonal steigt massiv an.

So haben das Statistische Bundesamt und das Bundesinstitut für Berufsbildung alleine für die kommenden acht Jahre einen Bedarf von 135.000 bis 214.000 Vollzeitpflegekräften errechnet, der bei weitem nicht abgedeckt werden kann.

Zwar ist vor einem knappen Jahr das Krankenhausstrukturgesetz in Kraft getreten, in dem auch der Aufbau der Pflege am Bett beschlossen wurde, dennoch fehlen noch immer 50.000 Mitarbeiter alleine in der Krankenhauspflege, so Westerfellhaus. Er sieht eine Lösung des Problems unter anderem in der Bündelung von Fördermitteln. 830 Millionen Euro stehen immerhin Jahr für Jahr für zusätzliche Pflegestellen in den Kliniken bereit.

Quelle: dpa

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