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Droht Deutschland eine Mediterranisierung?

Weltkugel mit Baum

Einen Trend zu einer Mediterranisierung haben Wissenschaftler in Deutschland schon vor mehr als einem Jahr entdeckt. Inzwischen werden die Warnungen ständig eindringlicher.

Sowohl Klimaschützer und Umweltschützer als auch Meteorologen warnen immer öfter davor, dass Deutschland eine Mediterranisierung erleben könnte. Die ersten Anzeichen dafür gibt es bereits. Sie sind Hinweise darauf, dass sich die Menschen dem Klimawandel anpassen müssen. Er wird sich trotz aller Bemühungen um die Reduzierung der CO2-Emmissionen nicht vollständig verhindern lassen. Dafür ist die Aktivierung mehrerer Klima-Kippfaktoren schon zu weit fortgeschritten.

Was ist Mediterranisierung überhaupt?

Der Begriff kam in Deutschland nicht erst im Zusammenhang mit den Folgen des Klimawandels auf. Er wurde bereits im Zusammenhang mit dem Wunsch der Menschen nach den Annehmlichkeiten des mediterranen Lebenstils geprägt. Er sorgte im 18. Jahrhundert für einen Boom beim Bau von Wintergärten und Orangerien als grüne Oasen, bei denen eine uneingeschränkte Nutzbarkeit auch im Winterhalbjahr gewährleistet ist. Ein Resultat der Neuzeit ist beispielsweise die Gestaltung von Erlebnisbädern im Stil der ganzjährig warmen Regionen. Inzwischen trägt der Klimawandel zu einer Mediterranisierung in Deutschland bei. Gründe dafür sind die Folgen einer allgemeinen globalen Erwärmung sowie einer Verschiebung des Jetstreams und der Grenzen der Klimazonen. Viele Forscher sind der festen Überzeugung, dass sich vor allem in der Südhälfte Deutschlands immer mehr Wetterlagen bilden, deren Parameter dem typisch mediterranen Klima zuzuordnen sind.

Findet die Mediterranisierung auch in anderen Bereichen statt?

Diese Frage ist eindeutig zu bejahen. Daraus resultieren beispielsweise Verschiebungen der Lastspitzen in der Energiewirtschaft. Während die winterlichen Lastspitzen (durch die Senkung der zum Heizen benötigten Energie aufgrund der allgemeinen Erwärmung) niedriger ausfallen, zeigen parallel die sommerlichen Lastspitzen ein gravierendes Wachstum. Grund dafür sind die durch heißere Sommer zusätzlich anfallenden Energieentnahmen für den Betrieb von Raumluftkühlern. Das heißt, die Reserven bei der Stromerzeugung müssen zügig von der Kraft-Wärme-Koppelung auf andere Stromerzeuger verlagert werden.

Gastronomie und Wohngebäude verändern sich durch die Mediterranisierung

Wer als Gastronom während der Coronakrise (zwangsweise) in den Ausbau der Außenbereiche investiert hat, profitiert langfristig vom Trend zur Mediterranisierung des gesamten Lebensstils. Die Saison für die Nutzung der Freisitze verlängert sich durch den Klimawandel rasant. Außerdem legen vor allem jüngere Generationen die Tradition der Feiern in Innenräumen ab. Sie nehmen die Menschen in den Ländern rund um das Mittelmeer zum Vorbild und verbringen beispielsweise ihre Mittagspause lieber auf dem Freisitz eines Restaurants als in der stickigen Luft einer Betriebskantine. Ein ähnlicher Trend zeigt sich bei Wohnbauten. Die geschlossene Loggia gerät aus der Mode. Stattdessen werden luftig-offene Balkone und Terrassen mit bedarfsgesteuerten Sonnenschutzelementen wesentlich beliebter. Die ersten Folgen der Mediterranisierung präsentieren sich ergänzend bei der Farbgebung für Wohn- und Gewerberäume. Die Tendenz geht aktuell zu hellen Fassadenfarben, die einen großen Teil der langwelligen Sonnenstrahlung reflektieren und nicht absorbieren.

Umstellung auf mediterrane Lebensart bringt auch Nachteile mit

Die Verlagerung vieler Aktivitäten in den Außenbereich geht leider auch mit einer zunehmenden Vermüllung der Natur und der Grünflächen in den Städten einher. Das größte Problem stellen dabei die Einwegverpackungen für Speisen und Getränke dar. Sie forcieren wiederum den Trend zur Mediterranisierung durch ihre Wirkung als Katalysator für den Klimawandel und die globale Erwärmung. Was auf der einen Seite die Lebensqualität steigert, schränkt sie auf der anderen Seite zugleich ein. Die verstärkte und zeitlich übers Jahr hinweg verlängerte Nutzung der Außenbereiche bewirkt eine Steigerung der Lärmbelastungen vor allem in städtischen Regionen. Das hat wiederum Rückwirkungen auf die Anforderungen an den Lärmschutz für Wohnbereiche.

Die Mediterranisierung ist also ein ganzer Komplex von Veränderungen mit unzähligen (sich selbst verstärkenden) Wechselwirkungen. Dabei wirken die kurzfristigen Konsequenzen und Langzeitfolgen der Coronakrise als Katalysator. Sie fördern den Wunsch nach individuell nutzbaren (und eingefriedeten) Außenbereichen und gleichzeitig auch die Verlagerung von Aktivitäten von Innenräumen in die freie Natur sowie auf öffentliche Grünflächen.

Quelle: Umweltbundesamt, Greenpeace

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