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Bundesverfassungsgericht: Urteil zur einrichtungsbezogenen Nachweispflicht

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

Das Bundesverfassungsgericht hatte über die einrichtungsbezogene Nachweispflicht für die Coronaimpfung zu befinden. Inzwischen liegt das Urteil vor.

Das Urteil zur einrichtungsbezogenen Nachweispflicht für die Coronaimpfung fiel unter dem Aktenzeigen 1 BvR 2649/21 Ende April und wurde vom Bundesverfassungsgericht am 19. Mai 2022 veröffentlicht. Danach verstößt die Forderung eines COVID-19-Impfnachweises in Einrichtungen des Gesundheitswesens nicht gegen die Bestimmungen der Artikel 2 und 12 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Die gegen die Nachweispflicht eingelegten Verfassungsbeschwerden wurden deshalb zurückgewiesen.

Wogegen richteten sich die abgewiesenen Verfassungsbeschwerden?

Beanstandet wurden die Bestimmungen des Paragrafen 20a des Infektionsschutzgesetzes, die für die Beschäftigten in Unternehmen und Einrichtungen des Gesundheitswesens vor der Aufnahme der Tätigkeit entweder einen gültigen Genesenennachweis oder den Nachweis einer vollständig erfolgten Impfung gegen COVID-19 vorschreiben. Bei der Nichtvorlage eines solchen Nachweises sieht die gleiche Rechtsnorm die Möglichkeit der Verhängung von Betretungsverboten und Beschäftigungsverboten vor. Der Paragraf 22 des Infektionsschutzgesetzes enthält genaue Definitionen, wann jemand als genesen oder vollständig geimpft gilt. Die Beschwerdeführer halten das für einen ungerechtfertigten Eingriff in die körperliche Unversehrtheit.

Wie begründet das Bundesverfassungsgericht die Entscheidung?

Das Bundesverfassungsgericht hatte letztlich zu klären, ob das Ausmaß der Eingriffe in die persönliche Entscheidungsfreiheit und die mittelbaren Eingriffe in die körperliche Unversehrtheit durch die Notwendigkeit des Schutzes besonders gefährdeter Gruppen vor einer Infektion mit dem Coronavirus gerechtfertigt ist. Eine solche Rechtfertigung liegt nach der Einschätzung des Bundesverfassungsgerichts vor. Er bejaht einen mittelbaren Eingriff in die körperliche Unversehrtheit, verweist aber gleichzeitig auf die Möglichkeit, sich diesem Eingriff durch einen Wechsel der beruflichen Tätigkeit entziehen zu können. Die Notwendigkeit des Schutzes besonders gefährdeter Gruppen mit einer solchen Maßnahme resultiert aus fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen. Die Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz begründet der Verfassungsgerichtshof wörtlich damit, dass (Zitat)“keine sicher gleich wirksamen, aber die betroffenen Grundrechte weniger stark einschränkenden Mittel zur Verfügung standen“.

Berufsfreiheit ist durch die einrichtungsbezogene Nachweispflicht nicht verletzt

Von besonderer Bedeutung bei dieser Thematik ist der Artikel 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland. Hier treten die Rechte von jedermann auf körperliche Unversehrtheit mit den Rechten des Einzelnen auf die freie Entfaltung der Persönlichkeit in Konkurrenz. Die Einschränkung der Rechte durch die einrichtungsbezogene Nachweispflicht schränkt die Berufsfreiheit von Verwaltungs- und Reinigungspersonal nicht ein, da sie jederzeit eine gleichwertige Tätigkeit in einer anderen Branche antreten können. Betroffen sind ausschließlich medizinische Fachkräfte. Hier wiegt das Schutzinteresse der Allgemeinheit schwerer als das im Grundgesetz verankerte Recht des Einzelnen. Das heißt, der Schutz der besonders gefährdeten Gruppen hat auch mit Blick auf die grundgesetzlichen Rechte einen höheren Stellenwert.

Quelle: Bundesverfassungsgericht Urteil 1 BvR 2649/21

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