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Boston: Dieser Winter ist die Hölle. Die Schneeflut nimmt kein Ende.

Während viele Regionen in Deutschland im Winter 2014/2015 beim Räumdienst kräftig Geld gespart haben, weil es so gut wie keinen Schnee gegeben hat, ächzt die amerikanische Ostküste noch immer unter gewaltigen Schneemassen. Am schlimmsten ist die Region Boston betroffen. „Wir werden von einer Naturkatastrophe mit historischem Ausmaß in Zeitlupe verwüstet.“ – Das schreibt EJ Graff in einem Gastbeitrag in der New York Times. Diese Einschätzung muss nicht wundern, denn die Region Boston hat seit Anfang Februar mehr als zwei Meter Schnee kassiert.

Welche Auswirkungen haben die Schneestürme rund um Boston?

Die ansonsten sehr quirlige Metropole ist sehr still geworden. Auf dem Boston River sind keine Schiffe mehr zu sehen und auch die Straßen sind deutlich leerer als sonst. Die meisten Behörden, Schulen und Fabriken sind bereits seit mehreren Wochen geschlossen. Die Menschen hocken in ihren Häusern und Wohnungen fest. Selbst der Weg zum Einkauf ist schwierig, weil der öffentliche Nahverkehr fast vollständig zum Erliegen gekommen ist. Auf die wenigen Linien, die überhaupt noch fahren, müssen die Fahrgäste stundenlang in der eisigen Kälte warten. Nicht einmal auf die U-Bahn können sich die Einheimischen verlassen. Das älteste U-Bahn-System der Vereinigten Staaten steht bereits seit einem knappen Monat still. Dort sind nicht nur die Schneestürme an der US-Ostküste schuld, sondern es machen sich auch unterlassene Investitionen in die Modernisierung bemerkbar. Auf Twitter werden von den Fahrgästen inzwischen schon regelmäßig Karten veröffentlicht, auf denen die Betriebsbereitschaft des ÖPNV in Boston in Echtzeit angegeben wird.

Für die Region Boston sind die Schneestürme eine nachhaltige Katastrophe

In Boston zeigt sich eine ähnliche Situation wie in deutschen Großstädten: Die Mieten und Immobilienpreise in der Stadt sind hoch. Deshalb sind vor allem einkommensschwache Familien in die Vororte wie beispielsweise Lawrence und Brockton gezogen. Sie trifft es jetzt gleich doppelt hart. Sie sind auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen, um zur Arbeit zu kommen. Fahren diese nicht, entfällt bei den Familien das Einkommen. Sie laufen Gefahr, obdachlos zu werden.

Auch mit dem eigenen Auto stehen die Chancen schlecht, die Innenstadt von Boston zu erreichen. Viele Straßen sind durch die Schneemassen unpassierbar geworden. Teilweise türmen sich die Schneeberge an den Kreuzungen bis auf Höhen von knapp vier Metern. Die Straßen, die nach den Schneestürmen an der US-Ostküste überhaupt noch befahren werden können, mussten aufgrund der Schneemassen zu Einbahnstraßen umfunktioniert werden.

Selbst die Passage der Brücken in und um Boston zu Fuß ist lebensgefährlich. Dort liegen derartige Schneemassen, dass die schützenden Geländer unwirksam geworden sind. Wer sich trotzdem darüber wagt, läuft Gefahr, vom heftigen Wind in die Tiefe gepustet zu werden. Viele Menschen können nicht zur Arbeit gehen, weil die Betreuung der Kinder nicht gesichert werden kann.

Der harte Winter 2015 hat die Stadtverwaltung Boston inzwischen bereits 35 Millionen Dollar gekostet. Welche Kosten für die Beseitigung der Schäden an Brücken, Straßen und dem ÖPNV noch auf die Stadtverwaltung zukommen, dazu wagt derzeit niemand eine Prognose. Die Steuerbehörden rechnen zusätzlich mit Verlusten bei den Einnahmen in Höhe von etwa 30 Millionen Dollar. Dabei ist die Wetterkatastrophe in Boston noch lange nicht zu Ende. Die Behörden und die Einheimischen fürchten sich jetzt schon vor den Wasserfluten, mit denen sie beim Einsetzen der Schneeschmelze rechnen müssen. Und dabei werden für das aktuelle Wochenende weitere Schneestürme an der US-Ostküste erwartet.

Die Region Boston ist eine „gefrorene Tundra“

Über die Straßen und aus der Luft kann die Versorgung in der Region Boston trotz aller Bemühungen der Katastrophenschutzbehörde FEMA kaum noch sichergestellt werden. Also müssen Ersatzwege her. Dafür würde sich der Boston River anbieten. Doch der liegt unter einer mehr als 1,50 Meter dicken Eisschicht. Dort sind inzwischen starke Eisbrecher Tag und Nacht im Einsatz. Doch echte Chancen, eine Fahrrinne zu schaffen und diese frei zu halten, haben auch die Eisbrecher nicht. Die Stellen, die sie aufgebrochen haben, sind schon eine Stunde später wieder mit dickem Eis überzogen. Zu viel Eis dürfen sie auch nicht aufbrechen, damit es sich nicht im Fluss staut und zu neuen Problemen führt. Leutnant Ken Sauerbunn, der Chef der Küstenwache der Sturgeon Bay, bezeichnete den diesjährigen Winter als den Schlimmsten des letzten Jahrzehnts. Er hat im Moment nur die Chance, seine Eisbrecher zu den Stellen zu schicken, an denen Versorgungsschiffe im Eis stecken geblieben sind.

Im Hafen und in den Flüssen rund um New York ist die Situation nicht ganz so brisant. Dort ist der Salzgehalt des Wassers höher, sodass das Wasser nicht so schnell gefrieren kann. Außerdem gibt es in New York deutlich mehr Schiffsbewegungen. Das Wasser hat dadurch keine Zeit, dicke Eisschichten bilden zu können. Der Hafen von New York ist letztmals im Jahr 1780 komplett zugefroren. Trotzdem gibt es auch dort erhebliche Behinderungen.

Quelle: NY Times

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