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BGH-Urteil zu Negativzinsen aus Schuldscheindarlehen

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

Können die Negativzinsen der EZB zu Zinsforderungen aus Schuldscheindarlehen auf Seiten der Darlehensnehmer führen? Ein aktuelles BGH-Urteil gibt Antworten.

Das BGH-Urteil zu Negativzinsen aus Schuldscheindarlehen fiel am 9. Mai 2023 unter dem Aktenzeichen BGH IX ZR 544/21. Es schaffte Klarheit zur Frage, ob Kreditnehmer/-innen einen Anspruch auf die Auszahlung von Negativzinsen haben, wenn in den Darlehensbedingungen lediglich eine Obergrenze für die Zinsen festgelegt wurde, sich dort aber keine konkreten Angaben zu einer Zinsuntergrenze finden. Dabei könnte es dazu kommen, dass sich der rechnerische Zinssatz im Minusbereich bewegt, wenn eine Koppelung an den EZB-Zinssatz oder EURIBOR-Zinssatz vereinbart wurde.

Welche Vorgeschichte hat das BGH-Urteil zu Negativzinsen aus Schuldscheindarlehen?

Kläger im Verfahren ist ein Bundesland, das sich von einer Bank 100 Millionen Euro geliehen hatte, die mit 5 Schuldscheinen über jeweils 20 Millionen Euro besichert wurden. Dabei vereinbarten die streitenden Parteien einen Zinssatz, der sich um 0,1175 Prozent über dem jeweiligen 3-Monate-EUROBOR-Zinssatz bewegt. Zusätzlich wurde ein maximaler Zinssatz von 5 Prozent angegeben. Rein rechnerisch hätte sich daraus für das gesamte Jahr 2016 ein negativer Zinssatz für das Darlehen ergeben. Bis zum Ende der vereinbarten Laufzeit (März 2017) hätte sich daraus nach den Berechnungen des klagenden Bundeslands eine Summe von rund 158.000 Euro ergeben. Die erste Instanz (Landgericht Düsseldorf, Aktenzeichen 13 O 322/18) erkannte dem Bundesland die Forderung zu, woraufhin die Bank in die nächste Instanz ging. Das Oberlandesgericht Düsseldorf wies im Dezember 2021 die Forderung von Negativzinsen unter dem Aktenzeichen 14 U 78/20 zurück. Daraufhin zog das Bundesland vor den Bundesgerichtshof.

BGH wies die Forderung nach der Auszahlung von Negativzinsen zurück

Das zugrundeliegende Problem ist die allgemeine Definition der Zinsen, die sich allerdings nicht explizit in einem Gesetz findet. Die Deutsche Bundesbank definiert die Zinsen als den „Preis für das Leihen von Geld“. In der Volkswirtschaftslehre werden die Zinsen als „Kosten für die zeitweise Überlassung von Kapital“ definiert. Die gesetzlichen Regelungen zum Darlehensvertrag (Paragraf 488 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) beziehen lediglich die Möglichkeit „nicht geschuldeter Zinsen“ ein. Daraus ergibt sich, dass die Zinsen im besten Fall für die Darlehensnehmer/-innen bei Null liegen können. Eine fehlende Vereinbarung einer Zinsuntergrenze ändert nichts an diesem Sachverhalt. Genau dieser Auslegung schloss sich der BGH in seinem Urteil an.
Zusätzlich hätte das klagende Bundesland beweisen müssen, dass die Bank das in Anspruch genommene Darlehen komplett zu den Konditionen des 3-Monats-EURIBOR-Zinssatzes refinanziert hat. Ein solcher Beweis konnte nicht erbracht werden. Doch auch er hätte nichts daran ändern können, dass der Paragraf 488 BGB lediglich nicht geschuldete Zinsen (also einen Null-Zinssatz) beinhaltet. Daraus ergibt sich der Grundsatz, dass Darlehensnehmer keinen Anspruch auf die Auszahlung der Negativzinsen aus Schuldscheindarlehen haben.

Quelle: BGH-Urteil XI ZR 544/21, Deutsche Bundesbank

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