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Neuregelung für Leichenschau in Frankfurt

Der Ruf der Leichenschau in Deutschland ist oft schlecht, die Qualität sei zu gering. Vielfach würden fehlerhafte Todesbescheinigungen ausgestellt, Tötungsdelikte würden nicht entdeckt. Die Stadt Frankfurt am Main will dagegen jetzt vorgehen und die Leichenschau künftig professioneller gestalten.

Dafür wurde eigens ein Pilotprojekt ins Leben gerufen, mit dem die Aufklärung der Todesursachen verbessert werden soll. So soll künftig sehr viel häufiger der Rechtsmediziner dabei helfen, herauszufinden, ob dem Todesfall ein Verbrechen zugrunde lag. Frankfurt erhofft sich davon, dass mehr Straftaten aufgeklärt werden, so die Polizei, die Universitätsklinik und die Stadt bei der Vorstellung des Projekts.

Rechtsmediziner statt Hausarzt für Leichenschau

Schon wird etwa in Bremen jeder Tote von einem ausgebildeten Leichenarzt begutachtet. In Frankfurt am Main will man künftig einen Rechtsmediziner kommen lassen, wenn die Polizei zu einer Leiche gerufen wird. Bisher wurde lediglich der Hausarzt alarmiert. Das geht laut Polizeiangaben aber mit erheblichen Wartezeiten und zumindest teilweise auch mit Qualitätsmängeln einher.

Deshalb will die Stadt jetzt eine neue Stelle in der Rechtsmedizin schaffen, um das Pilotprojekt auch umsetzen zu können. Allerdings soll der Rechtsmediziner die Leichenschau nur dann vornehmen, wenn die Polizei gerufen wird. Andernfalls soll weiterhin der Hausarzt zuständig sein.

In Deutschland ist die Leichenschau Ländersache, so dass sie bundesweit unterschiedlich geregelt ist. Schon seit Jahren bemängeln Experten auf diesem Gebiet massive Missstände. So wird in anderen Ländern viel häufiger ein Rechtsmediziner eingesetzt oder ein „Coroner“, ein eigener Beamter für unklare Todesfälle. In Deutschland dagegen bestätigt oft der Hausarzt den Tod, untersucht die Leiche und stellt den Totenschein aus. Gut 1.000 Tötungsdelikte in Deutschland bleiben so Schätzungen der Polizei zufolge unerkannt. Die Ärzte seien nicht ausreichend ausgebildet, ihnen fehle die nötige Motivation und sie stehen unter massivem Zeitdruck, heißt es in der Begründung.

223 von 10.000 Todesbescheinigungen fehlerfrei

Fehlerhafte Totenscheine in großer Anzahl werden seit langem von Polizei und Rechtsmedizinern kritisiert. Oberflächliche Leichenschauen sind einer der Gründe dafür. In einer Studie untersuchten Experten des Instituts für Rechtsmedizin der Universität Rostock insgesamt 10.000 Todesbescheinigungen mit erschreckendem Ergebnis: Lediglich 223 dieser Bescheinigungen waren fehlerfrei. Alleine 44 Mal wurde fälschlicherweise ein natürlicher Tod durch den Arzt festgestellt.

Auch Frankfurts Gesundheitsdezernent Stefan Majer erklärte, dass man „mit einer hohen Dunkelziffer rechnen“ müsse. Speziell in der Großstadt Frankfurt mit Flughafen, Messe und entsprechend hoher Kriminalität seien viele Todesfälle unklar, so dass die Polizei gerufen wird. Dabei kann es sich um Tote ohne Angehörige oder Verstorbene ohne Hausarzt handeln, aber auch um Tote mit unklaren Hintergründen. Jährlich sterben in Frankfurt am Main rund 7.000 Menschen, die Polizei wird zu 935 Todesfällen gerufen. 15 Tötungsdelikte werden durchschnittlich pro Jahr ermittelt.

Gerhard Bereswill, Polizeipräsident in Frankfurt am Main, erklärte die Missstände wie folgt: Werden Polizeibeamte tagsüber zu einem Todesfall gerufen, müssen sie sich zunächst auf die Suche nach einem Hausarzt machen. Der kommt wegen des vollen Wartezimmers aber oft erst Stunden später, im Schnitt warten die Beamten zwei Stunden auf den Hausarzt, was auch für Angehörige unzumutbar sei. Aufgrund der fehlenden Ausbildung zertrampelt der Hausarzt mögliche Spuren und die Qualität der Leichenschau ist sehr unterschiedlich.

Frankfurt am Main will dem mit dem Pilotprojekt entgegenwirken und gibt dafür sogar 100.000 Euro für ein Jahr aus. Allerdings sehen die Verantwortlichen in Frankfurt am Main das eigene Projekt nicht als Modell für ganz Deutschland an. Dafür sei es zu teuer und auch die Situation in Frankfurt am Main selbst sei zu speziell.

Quelle: dpa

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