Gerade in Coronazeiten ist der digitale Kontakt zum Arzt eine gute Alternative. Aber bei der
Was lag dem BGH-Urteil zur Werbung für Fernbehandlungen zugrunde?
Die Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs hatte gegenüber einer privaten Krankenversicherung einen Anspruch auf Unterlassung geltend gemacht. Diese Krankenversicherung warb damit, dass sich ihre Versicherten über eine App per Fernbehandlung von Ärzten in der Schweiz sowohl Therapieempfehlungen und Diagnosen als auch Krankschreibungen sichern können. Seitens der Klägerin wurde auf die Einschränkungen im Paragrafen 9 des Heilmittelwerbegesetzes sowohl in der alten (bis 2019 gültigen) Fassung verwiesen. Sowohl das Landgericht München (Aktenzeichen 33 O4026/18) als auch das Oberlandesgericht München (Aktenzeichen 6 U 5180/19) kamen zur gleichen Schlussfolgerung wie die Klägerin und ordneten in ihren Urteilen eine Unterlassung an. Deshalb legte die beklagte Krankenversicherung Revision beim Bundesgerichtshof ein.
Wie hat sich der BGH zur Werbung für Fernbehandlungen positioniert?
Die Richterinnen und Richter des Bundesgerichtshofs schlossen sich der Meinung der beiden Vorinstanzen an. Im konkreten Fall ist die Werbung in dieser Form nicht zulässig. Das gilt sowohl nach der alten als auch der neuen Fassung des Paragrafen 9 des Heilmittelwerbegesetzes. Beide Versionen schließen Werbung für Behandlungen aus, bei denen die Beurteilung „nicht auf eigener Wahrnehmung an dem zu behandelnden Menschen“ beruht. Der BGH gibt dafür als Beispiele wörtlich „Abtasten, Abklopfen oder Abhören“ an. Zudem werden Untersuchungen mit technischen Hilfsmitteln benannt. Das erfordert zwingend die physische Präsenz der Ärzte und Patienten.
Wo gelten Ausnahmen von den Werbeverboten für Fernbehandlungen?
In der neuen Fassung schränkt der Paragraf 9 des Heilmittelwerbegesetzes das Werbeverbot ein. Danach gelten Werbeverbote dann nicht, wenn in Ableitung von allgemein üblichen Standards ein unmittelbarer Kontakt nicht erforderlich ist. Klassische Beispiele sind Gesprächstherapien bei Psychologen. Im Rahmen der Coronakrise gelten Sonderbestimmungen beispielsweise für telefonisch angeforderte Krankschreibungen. Dafür wurden allerdings keine Ausnahmen bezüglich der Werbung geschaffen. Das heißt, Ärzte dürfen die telefonischen Krankschreibungen nicht aktiv in ihre Werbung einbeziehen. Die Angabe spezieller Sprechzeiten und Rufnummern für telefonische Krankschreibungen stellt deshalb rechtlich momentan de facto eine Grauzone dar.
Quelle: BGH I ZR 146/20
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