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Was hat Carsharing gebracht? Bilanz nach zehn Jahren

Carsharing ist vor zehn Jahren im großen Stil gestartet. Die Hoffnung dahinter: Die Zahl der Autos in den Städten sollte deutlich gesenkt werden. Die nüchterne Bilanz nach einem Jahrzehnt: Das Gegenteil ist der Fall.

Bei der Einführung wurden die Geschäftsmodelle zum Carsharing als Garant für eine Ablösung des Privat-PKW angesehen. Bis heute geht die Rechnung jedoch nicht auf. Die Zahl der privaten PKWs steigt weiter an und damit auch die Zahl der Autos in den Städten. Das Center Automotive Research (CAR) an der Universität Duisburg-Essen erklärte, dass eine Abkehr der Deutschen vom eigenen Fahrzeug nicht zu erkennen ist.

Deutlicher Anstieg privater PKWs

Aus den Zahlen der aktuellen Zehn-Jahres-Bilanz geht hervor, dass die Zahl privater PKWs seit 2009 um 5,8 Millionen auf nun 47,1 Millionen Fahrzeuge gestiegen ist. Das ist ein Plus von 10,4 Prozent. Die PKW-Dichte in den Städten hat damit von 504 auf 567 Fahrzeuge pro 1.000 Einwohner zugenommen. Dieses Wachstum kann man nicht nur in ländlichen Regionen, sondern ebenso in den Großstädten beobachten.

Alleine in Berlin hat sich die Zahl der privaten Fahrzeuge in den letzten zehn Jahren um 11,3 Prozent erhöht, in München um 18,5 Prozent und in Leipzig sogar um 21,2 Prozent. CAR-Leiter Ferdinand Dudenhöffer erklärte in diesem Zusammenhang, dass das häufig angebrachte Argument, Großstädter wollten kein eigenes Auto im Gegensatz zu den Fakten stehe.

Carsharing-Anbieter zeichnen anderes Bild

Anders sehen das die Anbieter von Carsharing. Der Bundesverband Carsharing bezeichnete den Bericht als „Polemik mit wissenschaftlichem Anstrich“. Seit Jahren sei das Carsharing ein Wachstumsmarkt, so Gunnar Nehrke, Verbandsgeschäftsführer. Er gibt an, dass bundesweit nur drei Prozent der Einwohner über 16 Jahren überhaupt eine Carsharing-Möglichkeit hätten. In Großstädten, wie Berlin und Hamburg beteiligten sich jedoch bereits 16 Prozent. Nehrke sieht darin erste Anzeichen dafür, „dass Carsharing die Nische verlässt“.

Weiter führte Nehrke aus, dass die Politik private Autos und persönliche Dienstwagen jahrzehntelang gefördert habe. Die Industrie habe sie mit „ungeheuren Marketing-Budgets“ beworben. Viele Deutsche sehen den Besitz eines Autos aus „Mobilitäts-Paradigma“ an. Der Verband forderte daher, dass Bund, Länder und Kommunen endlich „auch die flächendeckende Bereitstellung von Carsharing systematisch fördern“.

Bereits im Oktober hat der Bundesverband Carsharing zudem eine eigene Studie veröffentlicht. Sie umfasst Angebote, bei denen die Autos nach der Nutzung an eine Station oder einen festen Parkplatz zurückgebracht werden müssen. Dafür befragte man 1.249 Menschen in Berlin. Bei ihnen sei der Bestand an eigenen Fahrzeugen um 53 Prozent zurückgegangen.

Carsharing – ein schwieriges Geschäft

Dudenhöffer sieht dagegen die Bestandszahlen im Carsharing auch nach zehn Jahren noch als zu niedrig an. Aktuell liegt der Anteil der Sharing-Autos an der gesamtdeutschen PKW-Flotte bei nur 0,04 Prozent. Rund 2,46 Millionen Personen sind bei Carsharing-Diensten angemeldet. Dudenhöffer geht von vielen Karteileichen aus, die einst durch Boni oder steuerliche Anreize zur Anmeldung gebracht worden seien, die Angebote aber nicht nutzten.

Zudem sieht Dudenhöffer das Carsharing als schwieriges Geschäft an. Die Kapazitätskosten für die Anbieter sind hoch. Wenn die Fahrzeuge dann nur gering ausgelastet sind oder die Preise nicht kostendeckend, dann droht schnell das Abrutschen in die Verlustzone. Auch für Kunden gestaltet sich Carsharing schwierig, wenn sie den inneren Kreis einer Stadt mit dem geteilten Autos nicht verlassen können. Dudenhöffer kritisiert, dass es zu wenige Angebote über die Stadtgrenzen hinaus gibt. Damit würde ein großer Kreis potenzieller Kunden von vornherein ausgeschlossen.

Mittlerweile sind Dudenhöffer zufolge auch aus diesen Gründen von den einst vielen Anbietern nur noch wenige übrig. So haben Mazda, Opel und Citroen ihre Angebote längst wieder eingestellt. Die beiden Branchenführt Car2go von Daimler und Drive Now von BMW mussten sich sogar zusammenschließen.

Im Fazit bemerkt die aktuelle Studie, dass der eigene PKW wieder interessanter werde. Gerade durch Car-Abos oder Full-Service-Leasing sind die Risiken des eigenen Fahrzeugs zunehmend geringer. Der Wunsch nach dem eigenen Auto dürfte daher auch in Zukunft stark ausgeprägt bleiben.

Quelle: hpr

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