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Was bedeutet das Urteil BVerwG 6 CN 1.13 für Arbeitnehmer?

Wann dürfen und müssen Arbeitnehmer an Sonntagen arbeiten? Mit dieser Frage setzte sich gestern das Bundesverwaltungsgericht auseinander. Mit dem Urteil BVerwG 6 CN 1.13 hat es der Sonntagsarbeit klare Grenzen gesetzt. So dürfen Arbeitnehmer in Videotheken und Bibliotheken, in Callcentern und Lotto-Gesellschaften an Sonn- und Feiertagen nicht arbeiten. Das Gericht in Leipzig entschied, dass es keinen Grund dafür gäbe, dass die Mitarbeiter an den Sonn- und Feiertagen arbeiten. Die Bundesrichter gaben somit der Klage der Gewerkschaft Verdi und der evangelischen Dekanate zumindest teilweise statt. Geklagt wurde von beiden gegen eine Verordnung des Landes Hessen. 2011 hatte man in dieser vielfältige Ausnahmen für die Arbeit an Sonntagen beschlossen.

Warum ist das Urteil BVerwG 6 CN 1.13 auch für andere Länder wichtig?

Damit gilt das aktuelle Urteil BVerwG 6 CN 1.13 zwar für Hessen, dürfte jedoch auch andere Länder betreffen. Das Gericht hatte zu entscheiden, ob das Land überhaupt berechtigt ist, in einer Verordnung weitreichende Ausnahmeregelungen rund um die Sonntagsarbeit zu treffen. Dabei entschieden die Richter, dass die Einschnitte zu tiefgreifend waren. Hier wäre es wohl erforderlich, dass die Bundesregierung entsprechende Regelungen festlegt. Schon der Verwaltungsgerichtshof (VGH) hatte in der Vorinstanz so entschieden und die Verordnung in Hessen für unwirksam erklärt.

Verdi-Landesfachbereichsleiter Handel, Bernhard Schiederig, freut sich über den „außerordentlich positiven Erfolg“, den das Urteil für die Gewerkschaft bedeutet. Auch die anderen Bundesländer müssten nach diesem Urteil überprüfen, inwieweit ihre eigenen Regelungen zur Sonntagsarbeit gerechtfertigt sind.

Gegnerische Stimmen kommen dagegen aus dem Call Center Verband. Dort heißt es, dass das Urteil ein „Schlag ins Gesicht der Verbraucher“ sei. Für viele Unternehmen sei es schließlich keine Option, am Sonntag nicht erreichbar zu sein. Verbandspräsident Manfred Stockmann geht sogar so weit, dass er den Bundesgesetzgeber auffordert, schnellstens zu handeln und das Arbeitszeitgesetz zu ändern.

Verbot der Sonntagsarbeit gilt laut Urteil BVerwG 6 CN 1.13 nicht überall

Allerdings greift das Verbot der Sonntagsarbeit nach Ansicht der Richter nicht überall. So sah der Verwaltungsgerichtshof in Kassel es ebenfalls als fraglich an, ob Mitarbeiter in der Getränkeindustrie, in der Herstellung von Roh- und Speiseeis sowie dem Großhandel sonntags arbeiten dürfen. Die Verwaltungsgerichtshofs-Richter meinten, auch hier würde die alleinige Verordnung des Landes Hessen nicht ausreichen.

Die Richter am Bundesverwaltungsgerichtshof sind hiervon nicht überzeugt. In diesen Betrieben könne eine Produktion auch an Sonn- und Feiertagen nötig sein, wenn andernfalls die Kapazitäten der Hersteller nicht ausreichen. Das gelte insbesondere während der Hochsaison, also in heißen Sommermonaten, wenn der tägliche Bedarf erhöht ist. Doch endgültig ist die Entscheidung noch nicht. Den Richtern fehlten dafür bisher die tatsächlichen Feststellungen. Dieser Bereich des Urteils wurde daher zur weiteren Klärung zurück an den Verwaltungsgerichtshof gegeben.

Außerdem erlaubten die Bundesverwaltungs-Richter, dass die Beschäftigung von Buchmachern an Sonn- und Feiertagen erlaubt sei. Im Urteil BVerwG 6 CN 1.13 hieß es, dass es sich hierbei um einen spezifischen Sonn- und Feiertagsbedarf handele. Dieser sei wichtiger Bestandteil des Freizeiterlebnisses. Jedoch gab es eine Einschränkung: Die Aufhebung des Arbeitsverbots an Sonntagen gelte nur für die Entgegennahme von Wetten und dies auch nur vor Ort auf der Rennbahn.

Die Gewerkschaften und Kirchen sind mit diesen immer noch weitreichenden Ausnahmeregelungen erwartungsgemäß nicht zufrieden. Seit langem beklagen sie bereits die schleichende Aushöhlung der Sonntagsruhe und wollen den arbeitsfreien Sonntag sogar grundgesetzlich schützen lassen. Schiederig ist der Meinung, dass man Feuerwehr, Polizei und Krankenhäuser an Sonntagen benötige, nicht aber die telefonische Bestellannahme oder geöffnete Büchereien.

Sonntagsarbeit ist bereits für jeden vierten Deutschen Standard

Im Artikel 140 des Grundgesetzes wird der Sonntag unter besonderen Schutz gestellt. Auch das Arbeitszeitgesetz sieht eine Regelung zu Sonn- und Feiertagen vor. Demnach dürfen Arbeitnehmer an diesen Tagen nicht beschäftigt werden. Doch auch hier gibt es bereits Ausnahmen für Rettungsdienste, Krankenhäuser, Landwirtschaftsbetriebe und Theater.

Zudem gibt es die Möglichkeit für die Bundesländer, weitere Ausnahmeregelungen unter bestimmten Voraussetzungen zu schaffen. Das Statistische Bundesamt gab zudem bekannt, dass 2013 bereits 28 Prozent der Beschäftigten in Deutschland zumindest gelegentlich, vielfach aber auch regelmäßig an den Wochenenden arbeiten müssen. 1992 waren das nur 20,6 Prozent.

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