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Warum Flüchtlinge nicht arbeiten (dürfen)

Deutschland hat massive Probleme: Auf der einen Seite gibt es auf dem Arbeitsmarkt einen extremen Fachkräftemangel, auf der anderen Seite einen demografischen Wandel und hinzu kommt das Problem mit der großen Zahl von Asylbewerbern. Umfragen zufolge wünschen sich die Deutschen, dass die Flüchtlinge arbeiten gehen. Auch die Asylbewerber selbst, oft im besten Erwerbsalter, wollen und können arbeiten. Doch sie dürfen es oft nicht. Das Problem ist hausgemacht, denn laut einer aktuellen Bertelsmann-Studie verschleppt das Bundesinnenministerium die Bearbeitung der Asylanträge.

Die aktuellen Zahlen haben ergeben, dass die Zahl der Asylbewerber, die 2014 erstmals einen Antrag stellten, sieben Mal so hoch lag wie 2008. In der gleichen Zeit stieg die Zahl der unbearbeiteten Anträge um das Neunfache. Laut dem statistischen Amt der EU (Eurostat) gab es 2014 202.645 Asylbewerber, die erstmals einen Asylantrag in der BRD stellten. Gleichzeitig lagen noch 221.195 Anträge vor, die noch nicht bearbeitet waren.

Im Schnitt müssen die Flüchtlinge mehr als sieben Monate warten, bevor sie erfahren, ob sie bleiben dürfen. Menschen aus Eritrea müssen sogar mehr als zehn Monate, aus Afghanistan über 16 Monate warten. Da diese Flüchtlinge aber fast immer ein Bleiberecht erhalten, ist das besonders dramatisch.

Arbeitgeber scheuen sich aus Ungewissheit vor der Einstellung von Flüchtlingen

Durch diese extrem lange Ungewissheit, wie es weiter geht, werden die Flüchtlinge in ihrer Initiative gelähmt. Arbeitgeber könnten mit den Asylbewerbern nicht langfristig planen, weil unsicher ist, wie lange sie tatsächlich bleiben können. Lediglich die Hälfte der Flüchtlinge hat demzufolge einen festen Job, viele von ihnen arbeiten zudem in Jobs, für die sie eigentlich überqualifiziert sind. Dietrich Thränhardt, Autor der aktuellen Studie, erklärte diesen Zustand als „extrem unbefriedigend“.

Wie die Bertelsmann-Studie deutlich aufzeigt, indem sie sich auf Zahlen von Eurostat bezieht, läuft es in Deutschland im internationalen Vergleich besonders schlecht. Ein Antragsstau in ähnlicher Größe gibt es derzeit nur in Großbritannien. In allen anderen Ländern sind die unerledigten Anträge deutlich niedriger als die Neuanträge. Norwegen gilt hier als Musterland mit einem Verhältnis von eins zu drei.

Laut der Bertelsmann-Studie ist das Problem jedoch hausgemacht, liegt an einer groben Fehlplanung des Bundesinnenministeriums. Als es vor einigen Jahren nur wenige Asylanträge gab, hatte man Personal abgebaut, doch ab 2010 nicht mehr für ausreichend Neueinstellungen gesorgt.

Bundesinnenministerium spricht von 2.000 neuen Stellen für Asylanträge

War es Anfang der 1990er Jahre, als die Zahl der Flüchtlinge ähnlich hoch war, das größte Problem, dass man Angst hatte, Flüchtlinge würden den Deutschen die Arbeit wegnehmen, spricht heute niemand mehr davon. Im Gegenteil: Wie das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid in einer Umfrage herausfand, wollen 84 Prozent der Deutschen, dass Asylbewerber sich schnell in den Arbeitsmarkt integrieren.

Bereits im letzten Jahr hatte die Bundesregierung reagiert und das Arbeitsverbot gelockert. Asylsuchende können bereits nach drei Monaten in Deutschland einen Job annehmen. Das Innenministerium beschloss außerdem, im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge 2.000 neue Mitarbeiter einzustellen. Das sind fast doppelt so viele Mitarbeiter wie bisher, die die Anträge dann bearbeiten könnten. Zum Ziel hat man es sich dabei gesetzt, die Anträge nach spätestens drei Monaten abzuarbeiten.

Zwar wird diese Maßnahme auch von den Studienautoren begrüßt. Allerdings bemängelt man, dass diese sehr spät käme. Zudem fürchtet man, dass die 2.000 neuen Stellen aufgrund des massiven Antragsstaus nicht ausreichen könnten.

Quelle: N-TV

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