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TÜV Rheinland in Frankreich zu Schadenersatz verurteilt

Das Handelsgericht von Toulon hat den TÜV Rheinland zu vorläufigen Schadenersatzzahlungen von 60 Millionen Euro an 20.000 Frauen mit PIP-Brustimplantaten verurteilt. Das Handelsgericht Toulon sprach den insgesamt 20.000 Klägerinnen einen Schadenersatz in Höhe von jeweils 3.000 Euro zu. Der TÜV Rheinland kündigte bereits kurz nach der Urteilsverkündung an, in Berufung zu gehen. Dabei verwies er auf die Aufhebung eines ähnlichen Urteils des gleichen Gerichts im Sommer 2015 durch das zuständige Berufungsgericht.

Wie kam es zu den minderwertigen Brustimplantaten?

Der TÜV Rheinland hatte den Herstellungsprozess der Brustimplantate von Poly Implant Prothèse (PIP) zertifiziert. Bereits 2010 war der Skandal um die minderwertigen Brustimplantate von PIP bekannt geworden. Mittlerweile ist das Unternehmen insolvent.

PIP hatte für die Herstellung der Brustimplantate nicht etwa Spezialsilikon verwendet, sondern diese mit dem billigeren Industriesilikon befüllt. Dadurch rissen die eingesetzten Kissen leichter und konnten im Körper der betroffenen Frauen zu Entzündungen führen. Weltweit waren Zehntausende Frauen betroffen, die PIP-Implantate trugen. Alleine in Deutschland wurde 6.000 Frauen ein entsprechendes Implantat eingesetzt. Der TÜV Rheinland hatte das Herstellungsverfahren von PIP zwar zertifiziert, aber nicht die Implantate selbst überprüft.

Hat der TÜV Rheinland seine Pflichten verletzt?

Bereits im November 2013 verurteilte das Handelsgericht von Toulon den TÜV Rheinland zur Zahlung von Schadenersatz. Damals klagten insgesamt 1.700 Frauen, die Schadenersatz erhalten sollten, ebenso wie mehrere Händler. Im damaligen Urteil hieß es seitens der Richter, dass der TÜV Rheinland gegen seine „Kontroll- und Aufsichtspflichten“ verstoßen habe. Allerdings hob das Berufungsgericht in Aix-en-Provence in Südfrankreich das Urteil im Sommer 2015 wieder auf. Dort hieß es in der Urteilsbegründung, dass der TÜV Rheinland seine Kontrollpflichten erfüllt und keine Fehler begangen habe.

Im neuen Verfahren mit weitaus mehr Klägerinnen verurteilte das Handelsgericht von Toulon den TÜV Rheinland erneut zu Schadenersatzzahlungen. Die genaue Höhe der Schadenersatzzahlungen soll mittels Expertisen noch ermittelt werden. Bereits im Vorfeld soll der TÜV jedoch Beträge von 60 Millionen Euro zahlen.

Wie reagiert TÜV Rheinland nach Urteil?

Nach der Urteilsverkündung kritisierte der TÜV Rheinland das Urteil scharf. Wie TÜV-Anwältin Cécile Derycke erklärte, ignoriere das Handelsgericht von Toulon die Entscheidung des Berufungsgerichts in Aix-en-Provence komplett. Daher sei es „unverantwortlich, die vorläufigen Zahlungen einzufordern und das Urteil vorläufig vollstreckbar zu machen“. Deshalb werde der TÜV Rheinland jetzt auch unverzüglich erneut Berufung einlegen.

In den bisherigen Verhandlungen hatte der TÜV Rheinland stets angegeben, von PIP getäuscht worden zu sein. Das haben mittlerweile auch die Gerichte anerkannt und PIP-Gründer Jean-Claude Mas des Betrugs am TÜV Rheinland, sowie an den betroffenen Patientinnen für schuldig befunden.

Quelle: AFP

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