Als die ersten Untersuchungen zum Untergang der „Titanic“ begannen, spielte das Phänomen der
Super-Refraktion erklärt Aussagen der „Californian“-Crew
Bis heute konnte nicht abschließend geklärt werden, ob die Crew des Dampfschiffs „Californian“ den Opfern des „Titanic“-Unglücks hätte helfen können. Der Frachter der Leyland-Linie befand sich in der Nähe, hatte aber die Kessel des Antriebs wegen ungünstiger Wetterbedingungen außer Betrieb genommen. Einige Crewmitglieder gaben an, ein Schiff in der Nähe gesehen zu haben. Allerdings schätzten sie es als deutlich kleiner als den auf Jungfernfahrt befindlichen Ozeanriesen ein. Das schien lange nicht glaubhaft. Doch mit der Theorie der Größen- und Distanzverzerrung durch die Super-Refraktion gibt es dafür eine schlüssige wissenschaftliche Erklärung. Gleichzeitig liefert die Super-Refraktion eine Erklärung dafür, dass es dem Funker der „Californian“ nicht gelungen war, eine Verbindung zu dem havarierten Schiff aufzubauen.
Beim Thema „Titanic“ ist die Super-Refraktion gleich doppelt interessant
Lange Zeit war unklar, warum die Matrosen im Auslug der „Titanic“ den Eisberg nicht frühzeitig erkennen konnten. Die Tatsache der nicht verfügbaren Fernrohre konnte nicht die einzige Erklärung sein. Auch dieses Rätsel hat Tim Maltin mit der Theorie der Super-Refraktion gelöst. Zum Zeitpunkt des Unglücks herrschte eine sehr spezielle Wetterlage. Eine warme Luftschicht hatte sich auf eine kältere Luftschicht aufgelagert. Meteorologen bezeichnen das als Inversionswetterlage. Dadurch entstehen besondere Verhältnisse bei der Brechung des Lichts durch die Luft und die darin enthaltenen Wassermoleküle. Sie bewirken den Eindruck eines doppelten Horizonts, bei dem der echte Horizont nur sehr verschwommen wahrnehmbar ist. Die Matrosen im Auslug der „Titanic“ hatten dadurch keine Chance, den Eisberg früh genug zu entdecken, um noch ein erfolgreiches Ausweichmanöver zu starten.
Super-Refraktionen beinträchtigen auch moderne Wettervorhersagen
Inversionswetterlagen stellen sogar moderne Technologien zur Wetterbeobachtung vor einige Probleme. Ein Beispiel ist das Regenradar. Es stellt durch den Effekt der Super-Refraktion Niederschlag dar, wo tatsächlich gar kein Niederschlag ist. Auf dieses Phänomen machte einer der Wetterexperten rund um Jörg Kachelmann aufmerksam. 2015 registrierte das Regenradar in Bayern größere Regengebiete, obwohl tatsächlich unter der trockenen Luft im Bereich der kühleren Bodenluft lediglich ein wenig Hochnebel vorhanden war. Dazu kommt, dass das Radar scheinbar eine überdurchschnittliche Reichweite hat und dadurch die tatsächlichen Distanzen der gemessenen Werte erheblich verfälscht werden. Im 21. Jahrhundert werden die Refraktionseffekte mit der Hilfe spezieller Filter korrigiert. Doch auch nach der Korrektur verbleiben Störungen, die zu Fehlinterpretationen der vom Regenradar gelieferten Bilder führen können.
Quelle: DWD, kachelmannwetter, Dokumentarfilme Tim Maltin
Foto: Brechungseffekte bei Inversionswetterlagen
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