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Studieren mit Behinderung: Wie ist die Lage in Deutschland?

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In Deutschland ist das Recht auf ein Studium mit Behinderung im Artikel 3 des Grundgesetzes verankert. Aber wie viele Menschen studieren mit einer Behinderung tatsächlich?

„Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ – So steht es im Grundgesetz. Vor einigen Wochen stellten Abgeordnete der FDP-Fraktion im Bundestag die Frage, wie sich dieser Gleichbehandlungsgrundsatz in der Praxis auswirkt. Inzwischen liegt die Antwort der Bundesregierung zum Fragenkatalog rund um das Studieren mit Behinderung vor.

Mit welchen Behinderungen entscheiden sich junge Menschen für ein Studium?

Die Antwort der Bundesregierung bescheinigt den deutschen Hochschulen eine gute Vorgehensweise bei der Inklusion von Menschen mit körperlichen oder geistigen Schäden. In Deutschland machen Studierende mit einer anerkannten Schwerbehinderung einen Anteil von rund 9 Prozent an allen eingeschriebenen Studentinnen und Studenten aus. Dabei ist die Verteilung auf die einzelnen Arten von Behinderungen interessant. Rund 53 Prozent müssen sich erschwerten Studienbedingungen aufgrund psychischer Erkrankungen stellen. Bei rund einem Fünftel der Studenten mit Behinderungen stehen chronisch-somatische Erkrankungen im Vordergrund. Etwa 4 Prozent der Studierenden mit anerkannten Behinderungen weisen Teilleistungsstörungen auf. Als Beispiel in diesem Bereich benennt die Bundesregierung in ihrer Antwort die Folgen einer Legasthenie. Deutsche Hochschulen bieten offenbar gute Bedingungen für junge Menschen mit Mehrfachbeeinträchtigungen. Das beweist ein Anteil von 7 Prozent an allen Studentinnen und Studenten mit anerkannten Behinderungen. Die von der Bundesregierung benannten Zahlen stammen aus dem Jahr 2018.

Wie entwickelt sich das Studieren mit Behinderung auf regionaler Ebene?

Leider stammen die neuesten Zahlen aus der Sozialerhebung im Jahr 2016, weil neuere Erhebungen nicht vorliegen. Im Vergleich zum Jahr 2012 zeigt sich in allen Bundesländern eine Erhöhung des Anteils von Studierenden mit Behinderungen. Den höchsten Anteil beeinträchtigter Studierender weist mit 31 Prozent nach der jüngsten Erhebung Bremen auf. Den zweiten Rang teilen sich mit jeweils 25 Prozent Berlin, Hamburg, Hessen, Sachsen, Schleswig-Holstein und Thüringen. Den größten Nachholbedarf gibt es im Saarland, denn dort liegt der Anteil beeinträchtigter Studierender nur bei 17 Prozent. In zahlreichen Bundesländern gab es eine Verschiebung der Anteile an Universitäten und Fachhochschulen. Am deutlichsten zeigt sich das in Bremen, denn dort stieg der Anteil behinderter Studenten an Fachhochschulen von 9 Prozent im Jahr 2012 auf 29 Prozent im Jahr 2016. In Hamburg haben sich dagegen die Bedingungen an Universitäten deutlich verbessert. 2016 waren mit 24 Prozent stolze 15 Prozent mehr behinderte Studentinnen und Studenten an den Universitäten in Hamburg eingeschrieben. Schleswig-Holstein konnte den Anteil von 10 Prozent (2012) auf 26 Prozent (2016) steigern.

Studienangebote mit Gebärdensprache sind noch Mangelware

Ein Fakt ist allerdings verbesserungswürdig. Aktuell gibt es nur in acht Bundesländern Studienangebote für junge Menschen, die auf die Nutzung der Gebärdensprache angewiesen sind. Universitätsangebote stehen lediglich in fünf Bundesländern (Bayern, Berlin, Hamburg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen) zur Verfügung. Sachsen-Anhalt, Hessen und Sachsen halten lediglich einzelne Studiengänge an Fachhochschulen bereit. Bundesweit können auf die Gebärdensprache angewiesene Menschen aus 17 Studienangeboten an Universitäten und 5 Studiengängen an Fachhochschulen wählen. Hier verweist die Bundesregierung darauf, dass die zunehmende Digitalisierung Vorteile bringen wird. Das E-Learning wird durch die Folgen der Coronakrise forciert und dürfte die Bedingungen für behinderte Studentinnen und Studenten in Deutschland nachhaltig verbessern.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 19/25619

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