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Risiko für Altersarmut liegt in Deutschland über dem EU-Durchschnitt

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Das Thema Altersarmut gehört in Deutschland trotz aller bereits eingeleiteten Maßnahmen zum Alltag. Das zeigen Zahlen der Bundesregierung.

Wie hoch ist das Risiko für Altersarmut in Deutschland? Das wollten Abgeordnete der AfD-Fraktion im Bundestag genauer wissen. Inzwischen liegt die offizielle Antwort der Bundesregierung vor. Dort wird betont, dass bereits ein ganzes Paket an Maßnahmen zur Bekämpfung des Armutsrisikos im Alter verabschiedet wurde. Als Beispiele werden die Einführung der Grundrente, die Verbesserungen beim Wohngeld sowie die Anhebung des Mindestlohns genannt. Die Bundesregierung ist sich zudem sicher, dass die aktuellen Tarifabschlüsse der Gewerkschaften zu einer deutlichen Rentenerhöhung im Sommer 2024 führen. Doch reichen diese Maßnahmen angesichts der noch immer hohen Inflationsrate für eine grundsätzliche und dauerhafte Lösung aus?

Wie schneidet Deutschland bei der Altersarmut im EU-Vergleich ab?

Die letzten vollständigen Zahlenreihen zur Entwicklung des Armutsrisikos für alleinstehende Menschen ab einem Alter von 65 Jahren stammen aus dem Jahr 2021. Danach lag der EU-Durchschnitt bei 27,4 Prozent. Deutschland gilt als eines der reichsten Länder innerhalb der Europäischen Union. Deshalb ist es kaum nachvollziehbar, warum das Risiko für Altersarmut bei diesem Personenkreis mit 28,1 Prozent über dem EU-Durchschnitt lag. Die besten Werte lieferte zeitgleich Luxemburg mit gerade einmal 9,3 Prozent. Auch beispielsweise in Belgien lag das Armutsrisiko für Singles ab 65 zeitgleich um 10 Prozent niedriger als in Deutschland. Auf einen etwas höheren Wert brachte es mit 32,1 Prozent zeitgleich das Nicht-EU-Land Schweiz. Dort fallen die allgemeinen Lebenshaltungskosten bekanntermaßen auch deutlich höher als in Deutschland aus, was eine schlüssige Begründung für den höheren Wert liefert. Eine ähnliche Lage präsentierte sich zeitgleich beim Armutsrisiko bei Menschen über 65 Jahren, die Aktivitätseinschränkungen aufweisen. Auch in diesem Bereich lag zum Zeitpunkt der letzten vollständigen Erhebung (2021) der Wert der Armutsgefährdung mit 20,9 Prozent in Deutschland über dem EU-Durchschnitt von 19,4 Prozent.

Welche Faktoren tragen zum erhöhten Risiko für Altersarmut bei?

Im Vergleich zum EU-Durchschnitt von 69,9 Prozent war zum Zeitpunkt der letzten vollständigen Datensätze (aus dem Jahr 2021) in Deutschland die Wohneigentumsquote mit 49,1 Prozent deutlich niedriger. An dieser Stelle zeigte sich in den vergangenen Jahren zudem in Deutschland eine sinkende Tendenz. So besaßen 2011 noch 53,4 Prozent der gesamten Bevölkerung Wohneigentum. In anderen EU-Ländern (beispielsweise Belgien, Spanien, Italien, Luxemburg und Finnland) wiesen im Vergleichsjahr 2021 Wohneigentumsquoten von mehr als 70 Prozent der Gesamtbevölkerung aus. Wohneigentum gilt als eine der wichtigsten Maßnahmen zur Reduzierung des Risikos für Altersarmut. In Deutschland besaßen zum Vergleichszeitpunkt gerade einmal 4,4 Prozent der allein lebenden Menschen ab einem Alter von 65 Jahren Wohneigentum.
Rund ein Viertel der Menschen im Alter von 65 bis 74 Jahren in Deutschland muss zudem einen Teil des Einkommens zum Abzahlen von Schulden verwenden. Hier stammen die letzten offiziellen Erhebungen aus dem Jahr 2017. Zu diesem Zeitpunkt lag der durchschnittliche Schuldenbetrag bei rund 11.700 Euro. Detaillierte Angaben zum Schuldengrund macht die Bundesregierung nicht, doch Daten aus anderen Quellen belegen, dass dabei der Erwerb und die Modernisierung von Wohneigentum eine wichtige Rolle spielen.

Wird die steigende Lebenserwartung bei der Altersarmut zu einem Problem?

Weitere Zahlen lieferte die Bundesregierung zur Frage, welche Lebenserwartung die Menschen beim Vollenden des 65. Lebensjahrs noch vor sich haben. Für Frauen, die von 2019 bis 2021 den 65. Geburtstag feiern durften, gibt die Bundesregierung in ihrer Antwort auf die Kleine Anfrage 21,18 Jahre an. Bei Männern beläuft sich der Wert auf 17,68 Jahre. Das heißt, die noch verbleibende Lebenswertwartung zum 65. Geburtstag ist in den letzten beiden Jahrzehnten bei allen Geschlechtern um rund 2 Jahre angestiegen. Dementsprechend müssten auch die Rücklagen fürs Alter um 10 bis 15 Prozent erhöht werden. Dort gibt es erhebliche Defizite, die verschiedene Ursachen haben. Vor allem Lücken im Erwerbsleben spielen hier eine wichtige Rolle. Hinzu kommen bei den Menschen, die bereits eine Altersrente beziehen oder in den nächsten Jahren in Rente gehen, häufig Zeiten, in denen sie als Geringverdiener tätig waren. Die Einführung und die stufenweisen Anhebungen des Mindestlohns werden sich beim Rentenbezug und beim Risiko für Altersarmut erst mit einer Verzögerung von mehreren Jahrzehnten bemerkbar machen.

Quelle: Deutscher Bundestag Drucksache 20/6386

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