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Künftig nur „ein bisschen krank“ machen?

Wenn Mitarbeiter wegen Krankheit ausfallen, kann das gerade in kleinen Unternehmen zu Problemen führen. Doch diese könnten künftig abgemildert werden, wenn es nach einem aktuellen Gutachten des Sachverständigenrats für das Gesundheitswesen geht. Dort hat man herausgefunden, dass die einen Kollegen schon beim leisesten Anflug einer Erkältung ausgiebig krank feiern, andere sich oft wochenlang krank zur Arbeit schleppen und die Erkrankung solange verschleppen, bis sie langfristig ausfallen. Beide Varianten sind weder für die Wirtschaft, noch für den Patienten optimal. Deshalb soll es nach Meinung des Sachverständigenrats künftig möglich sein, sich teilweise krank zu melden.

Als Vorbild nimmt man Schweden, wo es bereits ein solches System gibt. Fühlen sich Patienten also nur „ein bisschen krank“, können sie sich zu 25, 50 oder 75 Prozent krankschreiben lassen. Das noch vorhandene „Restleistungsvermögen“ befähigt den Mitarbeiter dazu, die Arbeiten zumindest noch teilweise zu verrichten.

„Ein bisschen krank“ – lässt sich das in der Praxis umsetzen?

In erster Linie sorgt der aktuelle Vorschlag natürlich für vielfältige Fragen. Wie soll entschieden werden, ob man mit Halsschmerzen noch sechs, mit Kopfschmerzen aber nur noch zwei Stunden arbeiten kann? Wer entscheidet über die „Teil-Krankheit“ und darüber, welche Aufgaben die Mitarbeiter noch übernehmen können? Und werden Mitarbeiter nicht dazu gedrängt, sich schneller oder gar nicht erst krank zu melden?

Wer sich genauer mit der Materie befasst, erkennt schnell, dass es durchaus Sinn macht, über eine solche Teil-Krankschreibung nachzudenken. Personen mit ansteckender Erkältung etwa könnten einen Teil der Arbeit von zu Hause aus erledigen. So würde vermieden, dass sie die Kollegen am Arbeitsplatz gleich mit anstecken. Wer sich das Bein gebrochen hat, kann dagegen durchaus noch fit für geistige Aufgaben sein. Die Sachverständigen erklären im Gutachten, dass „die graduelle Arbeitsunfähigkeit im Konsens mit dem Betroffenen ärztlich festgestellt werden solle“. Sofern sich der Gesundheitszustand des Patienten verändert, müsse eine Anpassung möglich sein. Damit würden Arzt und Patient festlegen, was dem Mitarbeiter noch zugemutet werden kann und was nicht, nicht jedoch der Arbeitgeber.

„Ein bisschen krank“ – das sind die Fallstricke

Allerdings hat der Vorschlag auch einige negative Seiten, die es zu beachten gilt. In erster Linie geht es den Sachverständigen um eine Entlastung der Krankenkassen. Ziel der Reform ist es, die Krankenkassen bei der Zahlung von Krankengeld zu entlasten, was nach fortbestehender Krankheit über sechs Wochen hinaus gezahlt werden muss. Findet nur eine Teil-Krankschreibung statt, müsste auch nur ein Teil-Krankengeld gezahlt werden.

So könnten Langzeit-Kranke mit mehr oder minder sanftem Druck zurück in den Job gedrängt werden. Was aber nicht bedacht wird, ist die Frage danach, wie praktikabel die Teil-Krankschreibung im Unternehmen ist. So kann der Mitarbeiter an der CNC-Maschine in der Produktionshalle beim besten Willen kaum Arbeit von zu Hause aus erledigen. Und der Paketbote wird auch dann, wenn er nur „ein bisschen krank ist“ und ein Gipsbein hat, trotzdem keine Pakete mehr tragen können. Ihn in der Verwaltung einzusetzen, würde eine entsprechende Einarbeitung erfordern, die in der Praxis kaum realisierbar erscheint.

Kritiker befürchten zudem, dass die Teil-Krankschreibung dazu führen würde, dass Erkrankungen, auch ernsthafter Natur, nicht mehr richtig auskuriert werden und es dadurch immer wieder zu Ausfällen kommen könnte. Wird also der Vorschlag weiter verfolgt, müsste man auch die Bedürfnisse von Unternehmen und Arbeitnehmern mit berücksichtigen und nicht nur die der Krankenkassen.

Quelle: Stern

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