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Kaiserschnittrate deutlich gestiegen

In den letzten 15 Jahren ist die Kaiserschnittrate bei Geburten deutlich gestiegen. Deutschland liegt dabei über dem Durchschnitt.

Die weltweite Kaiserschnittrate hat sich alleine in den letzten 15 Jahren nahezu verdoppelt. Schon 2015 wurde jedes fünfte Kind (21 Prozent) per Kaiserschnitt entbunden, 2000 waren es nur zwölf Prozent. Das geht aus einer Artikelserie im Fachblatt „The Lancet“ hervor.

Kaiserschnittrate in westlichen Ländern erhöht

Dabei zeigen sich laut Forschern deutliche regionale Unterschiede. So wird die oft lebensrettende OP in einkommensschwächeren Ländern deutlich seltener genutzt als in Ländern mit mittleren und höheren Einkommen. Für Deutschland zeigt sich eine deutliche Steigerung der Kaiserschnittrate in den letzten 15 Jahren, 2015 lag sie bereits bei 30 Prozent.

Der Kaiserschnitt kann in Fällen, in denen es Komplikationen gibt, Leben retten. Marleen Temmermann, Gynäkologin aus Belgien, fordert daher, dass man die „Zugänglichkeit zum Kaiserschnitt in ärmeren Regionen verbessern“ muss. Trotzdem sollte man den Kaiserschnitt „nicht übermäßig nutzen“, heißt es weiter.

Dass die Kaiserschnittrate zu hoch ist, zeigen auch die Schätzungen von Experten. Demnach ist der Kaiserschnitt nur in etwa zehn bis 15 Prozent der Geburten tatsächlich medizinisch indiziert. Das Leben von Mutter und/oder Kind ist in diesen Fällen gefährdet. Wolfgang Henrich, Direktor für Geburtsmedizin an der Charité in Berlin gibt jedoch zu bedenken, dass die „Rate nicht zielführend ist“. Er geht von unterschiedlichen Ausgangssituationen in den unterschiedlichen Ländern aus, die nicht vergleichbar sind. So gäbe es in Deutschland „in deutlich mehr Fällen gute Gründe für einen Kaiserschnitt“.

Kaiserschnitt durch steigendes Alter der Mütter angeraten

So erklärt Henrich, der an der aktuellen Studie allerdings nicht beteiligt war, dass immer mehr Frauen im fortgeschrittenen Alter Kinder erwarten. Außerdem sind Übergewicht, Bluthochdruck und Diabetes hierzulande häufige medizinische Gründe, die für einen Kaiserschnitt sprechen.

Ein weiteres Problem sieht Henrich in der rechtlichen Lage: Kommt es unter der Geburt zu Komplikationen und entscheiden sich die Ärzte zu spät für einen Kaiserschnitt, laufen sie Gefahr, dass die Eltern vor Gericht ziehen.

Große regionale Unterschiede beim Kaiserschnitt

Wie groß die regionalen Unterschiede sind, zeigt die „Lancet“-Studie ebenfalls. In Südafrika werden nicht einmal fünf Prozent der Kinder per Kaiserschnitt auf die Welt geholt, in Lateinamerika liegt die Kaiserschnittrate dagegen teilweise bei bis zu 60 Prozent. Im Südsudan wird die lebensrettende Operation nur in 0,6 Prozent der Geburten durchgeführt. Man geht davon aus, dass hier einige Mütter noch im Wochenbett sterben, weil die OP eben nicht zur Verfügung stand.

Insgesamt schätzen Experten, dass 6,2 Millionen Kaiserschnitte weltweit unnötig sind. Gut die Hälfte davon wird in China und Brasilien durchgeführt. Dort wird der Kaiserschnitt auch bei Schwangerschaften mit geringem Risiko durchgeführt oder bei Frauen, die schon einmal einen Kaiserschnitt hatten. Trotzdem gibt es auch in diesen Ländern sehr große Unterschiede. So schwankt die Kaiserschnittrate alleine in China zwischen vier und 62 Prozent.

Vor- und Nachteile des Kaiserschnitts

Der Kaiserschnitt als solches darf aber dennoch nicht verteufelt werden. Kommt es unter der Geburt zu Komplikationen, kann er sowohl das Leben der Mutter als auch des Kindes retten. Zudem geht man davon aus, dass die Gefahr für Inkontinenz und eine krankhafte Absenkung der Beckenorgane nach der Geburt sinkt.

Trotzdem hat der Kaiserschnitt auch Nachteile: Der Heilungsprozess der Mutter ist meist komplizierter, die Gebärmutter vernarbt, was zu Blutungen führen kann. Auch Komplikationen in folgenden Schwangerschaften sind denkbar. Daher sollte der Kaiserschnitt grundsätzlich nur bei medizinischer Indikation durchgeführt werden.

Ana Pilar Betrán von der Weltgesundheitsorganisation WHO spricht von einer Kaiserschnittrate, die „in vielen Ländern über das vertretbare Maß hinausgegangen ist“. Trotzdem gibt es bisher kaum Möglichkeiten, aktiv dagegen vorzugehen. Ähnlich sieht es auch Henrich, dem es wichtig ist, intensiv für die vaginale Geburt zu plädieren und Frauen dahingehend zu beraten. Trotzdem sei es wichtig, den Wunsch der Frau nach einem Kaiserschnitt zu respektieren.

Nicht zuletzt weisen die Experten auch daraufhin, dass selbst die vaginale Geburt Risiken mit sich bringt. Allerdings müssen Mediziner über diese Risiken nicht im Vorfeld der Geburt aufklären.

Quelle: dpa

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