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Bundesverfassungsgericht: Urteil zur erkennungsdienstlichen Behandlung

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

In welchem Umfang ist eine erkennungsdienstliche Behandlung zulässig? Diese Frage hatte das Bundesverfassungsgericht in einem aktuellen Verfahren zu klären.

Darf die Polizei jedem einer Straftat verdächtigen Menschen Finger- und Handballenabdrücke abnehmen und Ganzkörperbilder anfertigen? Diese Frage lag einem Urteil zur erkennungsdienstlichen Behandlung zugrunde, das vom Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen 2 BvR 54/22 Ende August 2022 gefällt wurde. Dort stand vor allem der Konflikt der Erhebung dieser Daten mit dem Artikel 2 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland im Fokus. In diesem Artikel ist das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verankert.

Zulässigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung hängt vom Einzelfall ab

Im konkreten Einzelfall ging es um einen Verdächtigen, der in flagranti von einem Zeugen beim Besprühen eines Gebäudes mit Farbe beobachtet worden war. Der Zeuge hatte ihn angesprochen, Fotos angefertigt und der Polizei übergeben. Anhand dieser Fotos konnten Polizeibeamte den Täter wiedererkennen. Fingerabdrücke wurden bei der Untersuchung des Tatorts nach dem Strafantrag der Gebäudeeigentümerin nicht gefunden. Der Täter räumte bereits bei den ersten Vernehmungen ein, die von dem Zeugen angesprochene Person zu sein. Dennoch ordnete die Polizei nach der Festsetzung des Täters die Abnahme von Abdrücken aller zehn Finger und der Handballen sowie die Anfertigung mehrerer Fotos sowie eines Ganzkörperbilds an. Dagegen wehrte sich der Täter mit der Begründung, der Umfang der erkennungsdienstlichen Behandlung sei unzulässig. Er wehrte sich zuerst beim zuständigen Amtsgericht und anschließend beim Landgericht. Beide stellten sich jedoch hinter die Maßnahmen der Polizei. Deshalb legte der Täter eine Verfassungsbeschwerde ein.

Wieso hatte die Verfassungsbeschwerde am Ende Erfolg?

Die Richterinnen und Richter am Bundesverfassungsgericht sehen die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung mit Blick auf das Recht auf informationelle Selbstbestimmung im konkreten Fall als unzulässig an. Die Abnahme von Finger- und Handballenabdrücken erfüllt in diesem Fall keine Beweiszwecke, weil am Tatort keine Fingerabdrücke als Vergleichsmaterial gefunden wurden. Auch die Anfertigung der verschiedenen Fotos im Rahmen der erkennungsdienstlichen Behandlung war unter den konkreten Umständen unzulässig. Der Zeuge hatte angegeben, die in flagranti erwischte Person bei einer Gegenüberstellung erkennen zu können. Zudem war ein Vergleich des Aussehens des Verdächtigen mit dem vom Zeugen angefertigten Fotos und Videos im Rahmen der Ermittlungen und der Hauptverhandlung möglich. Der Bundesverfassungsgerichtshof hob deshalb die diesbezügliche Entscheidung des Landgerichts auf und verwies den Fall zu einer neuen Entscheidung dorthin zurück.

Quelle: Bundesverfassungsgericht 2 BvR 54/22

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