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Ausfallender Kindesunterhalt in der politischen Diskussion

Die Bundesfamilienministerin Manuela Scheswig und auch der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel haben in Pressestatements wieder einmal darauf hingewiesen, dass viele Alleinerziehende allein schon deshalb in Armut leben, weil die Unterhaltspflichtigen den gesetzlich geregelten Zahlungen nicht nachkommen. Inzwischen wird überlegt, ob bei vorsätzlich vorenthaltenem Kindesunterhalt ein Führerscheinentzug als Druckmittel eingesetzt werden könnte. Doch dieser Vorschlag stößt auf massive Kritik. Thomas Heilmann, der zur CDU gehörende Justizsenator, hält eine solche Vorgehensweise sogar für verfassungswidrig. Der Grund dafür ist, dass ein Führerscheinentzug nicht für jeden säumigen Zahler die gleiche Härte mit sich bringen würde. Außerdem könnte er bei Berufskraftfahrern zu einem Verlust des Jobs und damit des Einkommens führen, von dem der Kindesunterhalt bezahlt werden muss.

Welche Möglichkeiten haben Alleinerziehende momentan?

Bisher haben die Sorgeberechtigten die Möglichkeit, eine Lohnpfändung zu beantragen. Doch vielfach laufen die Pfändungen ins Leere, da sie schon durch einen Wechsel des Arbeitgebers beendet werden. Viele Unterhaltspflichtige entziehen sich ihren Zahlungspflichten, indem sie Absprachen mit ihren Arbeitgebern treffen und sich regelmäßig zwischen verschiedenen Niederlassungen hin und her versetzen lassen, was jedes Mal mit dem Abschluss eines neuen Arbeitsvertrages verbunden wird.

Außerdem können sie einen Strafantrag auf der Grundlage des Paragrafen 170 des deutschen Strafgesetzbuches stellen. Die Verhängung von Freiheitsstrafen ist hier zwar bis zu drei Jahren möglich, macht aber keinen Sinn, weil die säumigen Zahler in dieser Zeit durch das entfallende Einkommen nicht leistungsfähig wären. Deshalb enden die meisten Verfahren wegen Verletzung der Unterhaltspflicht mit einer Bewährungsstrafe. Doch dort gibt es meistens einen Haken. Es wird nur die pünktliche Zahlung des Kindesunterhalts für die Zukunft in die Bewährungsauflagen aufgenommen, was für viele der Alleinerziehenden einen Verlust der bis zum Verfahren aufgelaufenen Unterhaltsforderungen bedeutet.
Die Sorgeberechtigten können als Ersatz für den entfallenden Kindesunterhalt Unterhaltsvorschuss beantragen. Dieser ist in der Regel niedriger als der tatsächlich bestehende Unterhaltsanspruch nach der Düsseldorfer Tabelle. Hinzu kommt, dass der Unterhaltsvorschuss spätestens am 12. Geburtstag des unterhaltsberechtigten Kindes endet. Deshalb fordert Sigmar Gabriel eine Anhebung des Leistungszeitraums bis zum 16. Lebensjahr. Allerdings geht der Unterhaltsvorschuss größtenteils zu Lasten des Steuerzahlers, da die Unterhaltspflichtigen auch den Unterhaltsvorschuss nicht zurückzahlen, wozu sie gesetzlich eigentlich verpflichtet sind.

Welche Alternativen gibt es bei der Durchsetzung von Kindesunterhalt?

Sigmar Gabriel fordert stärkere Druckmittel für den Staat, denn inzwischen sind bis zu drei Viertel der Alleinerziehenden von Unterhaltsausfällen betroffen. In einem Interview mit der Bild gab Sigmar Gabriel an, dass seine Mutter sich ebenfalls zu den Betroffenen gezählt hat. Doch konkrete Ideen gibt es derzeit weder vom Justizministerium noch vom Familienministerium.

Vielleicht können wir den Politikern mit einem Vorschlag „auf die Sprünge helfen“. Sie sollten sich einmal die Ideen genauer anschauen, die Regine Hildebrandt, die auch „Mutter Courage des Ostens“ genannte langjährige Vorsitzende des Bundesverbands der Alleinerziehenden, schon in den 1990er Jahren unterstützt hat. Eine Idee erscheint uns besonders logisch und effektiv zu sein, da sie zumindest die Erfüllung der Unterhaltspflichten bei abhängig Beschäftigten garantieren würde. Sie besteht darin, die bestehenden Pflichten beispielsweise im Sozialversicherungsausweis einzutragen und den Unterhalt mit den Sozialabgaben vom Arbeitgeber direkt abführen zu lassen. Um bei den Unternehmen keine zusätzliche Überweisung als Aufwand zu verursachen, könnte der Kindesunterhalt beispielsweise über die gesetzliche Rentenversicherung eingezogen und von da aus an die Sorgeberechtigten ausgezahlt werden.

Dadurch entstünde zwar bei der gesetzlichen Rentenversicherung ein zusätzlicher Aufwand, doch dieser wäre erheblich geringer als die Kosten, die jetzt allein durch den Unterhaltsvorschuss sowie die Beratungs- und Prozesskostenbeihilfe zur Durchsetzung von Unterhaltsforderungen anfallen. Auch sollte hier bedacht werden, dass für viele der von Unterhaltsausfällen betroffenen Kinder Leistungen wie ergänzendes Hartz IV, Wohngeld oder Zuschüsse zu den Betreuungsgebühren in den Kindertagesstätten vom Staat gezahlt werden müssen.

Quelle: § 170 StGB, Tagesspiegel, Bild

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