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Gefühlte Preissteigerung versus tatsächliche Inflationsrate

A Shopping Cart Trolley

In jüngster Zeit haben Verbraucher das Gefühl einer erheblichen Preissteigerung für viele Produkte. Die tatsächliche Inflationsrate im Juli 2020 zeigt allerdings ein anderes Bild.

Die offiziell vom Bundesamt für Statistik ausgewiesene Inflationsrate rutschte im Juli 2020 erstmals wieder in den Minusbereich. Das war zuletzt im April 2016 der Fall. Damals wie heute lag der Verbraucherpreisindex offiziell bei minus 0,1. Vor Beginn der Coronakrise (Januar und Februar 2020) verzeichnete der Verbraucherpreisindex noch ein Plus von 1,7 Zählern.

Was hat die Inflationsrate ins Minus gerissen?

Zuerst einmal ist zu beobachten, dass die Coronakrise einen erheblichen Einfluss auf die Entwicklung der Mieten hat. Analysten verzeichnen nicht nur in Deutschland stagnierende und bei Gewerbeobjekten sogar fallende Mietpreise. Zusammen mit den Kosten für Strom, Wasser und Verbrauchsmaterial für die Heizung lag die Inflationsrate in diesem Sektor noch bei einem Plus von 1,8 Prozent im Januar und 1,5 Prozent im Februar 2020. Für den Monat Juli gibt das Statistische Bundesamt lediglich noch eine Preissteigerung von 0,4 Prozent an. Einen sehr großen Anteil an dieser Entwicklung haben die Erdölpreise, die erstmals in der Geschichte der Rohstoffbörsen sogar ins Minus gerutscht waren.

Noch viel stärker machen sich bei der Inflationsrate aktuell jedoch die Preise für Bekleidung und Schuhe bemerkbar. Nach einer kurzzeitigen Erholung im Mai (plus 0,1 Prozent) sanken die Preise im Juli 2020 durchschnittlich um 1,7 Prozent. Dafür sind die üblichen Preisreduzierungen zur Saisonhalbzeit nur zu einem Bruchteil verantwortlich. Weiteren Einfluss machte das durch die Coronakrise veränderte Verbraucherverhalten geltend. Der Anteil der Online-Einkäufe stieg durch die Lockdowns für den stationären Bekleidungs- und Schuhhandel erheblich. Einkäufe in Onlineshops fallen tendenziell häufig günstiger als in niedergelassenen Fachgeschäften aus.

Bei welchen Warengruppen ist der Verbraucherpreisindex hoch?

Im Juli 2020 stiegen vor allem die Preise für alkoholische Getränke und Tabakwaren spürbar an. In dieser Marktsegment weist das Statistische Bundesamt eine Teuerungsrate von 3,2 Prozent aus. Der Höhepunkt der bisherigen Monate des laufenden Jahres zeigte sich mit 3,9 Prozent höheren Preisen im Juni. Der rasante Preisanstieg bei Nahrungsmitteln und alkoholfreien Getränken fiel im Juli 2020 mit 1,0 Prozent dagegen deutlich niedriger als in den Vormonaten aus. In diesem Marktsegment schlugen um 4,6 Prozent höhere Preise im April, eine Preissteigerung von 4,2 Prozent im Mai und Preisaufschläge von 4,2 und 4,1 Prozent im Juni zu Buche.

Allerdings stellt sich die Frage, warum die Verbraucher in den letzten Wochen vor allem im Lebensmittelhandel das Gefühl besonders stark steigender Preise hatten. Ein Beispiel ist Milch, wo die Preise kräftig anzogen haben. Das ist jedoch den saisonal üblichen Preisschwankungen geschuldet. Den Beweis liefert ein Blick auf die Preiskurven der letzten beiden Jahre. 2018 zogen die Milchpreise bereits ab Mai deutlich an. 2019 begann der Preisanstieg im August. Außerdem gibt es einzelne Handelsketten, welche die Mehrwertsteuersenkung für versteckte Preiserhöhungen genutzt haben. Betroffen sind vor allem zahlreiche Artikel mit Preisen von 79 und 89 Cent vor dem 1. Juli 2020. Sie kosten jetzt oftmals 10 Cent mehr im Vergleich zu dem Preis, der nach der Mehrwertsteuersenkung zu erwarten gewesen wäre. Das ist einer der Gründe für den Gesamtwert von 1,0 Prozent Teuerung bei den Lebensmitteln im Juli 2020.

Quelle: Statistisches Bundesamt, statista

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