
Dass der 29. Februar als
Was wird als seltene Erkrankung definiert?
Weltweit gibt es unterschiedliche Definitionen für die im englischen Sprachraum als „Rare Desease“ bezeichneten Krankheitsbilder. In Europa fallen unter den Begriff seltene Erkrankungen die Krankheitsbilder, die bei weniger als 5 von 10.000 Menschen festgestellt werden. Andere Länder haben eine strengere Auslegung. Australien wendet eine Regelung an, nach der höchstens 1 Mensch von insgesamt 10.000 Einwohnern betroffen sein darf. In den USA ist die Definition großzügiger, denn dort gilt ein Grenzwert von 7,5 Fällen pro 10.000 Einwohner. In Deutschland sind rund 8.000 Diagnosen als seltene Erkrankungen eingestuft. Alle zusammengenommen treten bei schätzungsweise bis zu 8 Prozent der Bevölkerung auf.
Mit welchen Problemen haben Betroffene zu kämpfen?
Die Probleme beginnen bereits damit, eine korrekte Diagnose zu bekommen. So wurden beispielsweise umfassende Gentests zum Nachweis bisher von den Krankenkassen nicht bezahlt. Inzwischen gibt es erste Ansätze, das zu ändern. Zudem fehlen häufig geeignete Therapien und Arzneimittel. Deshalb beschloss die Europäische Union mit der Verordnung 141/2000 bereits vor mehr als zwei Jahrzehnten eine gezielte Förderung der Forschung und der Entwicklung solcher Medikamente. Sie werden im Fachjargon „Orphan-Arzneimittel“ genannt. Bereits seit dem Jahr 1997 gibt es eine spezielle Datenbank, die unter der Bezeichnung Orphanet auf eine Initiative des Gesundheitsministeriums von Frankreich startete. Zudem gibt es einige gemeinnützige Organisationen, die sich mit der Thematik beschäftigen. Dazu gehört in Deutschland beispielsweise die Allianz Chronischer Seltener Erkrankungen (kurz ACHSE).
Leistungen für seltene Erkrankungen werden häufig erfolgreich verweigert
Nach den offiziellen Angaben der Bundesärztekammer sind in Deutschland reichlich 40 Prozent aller niedergelassenen Ärzte älter als 60 Jahre. Allein schon daraus resultiert ein Problem, denn ihr Studium liegt lange zurück. Viele der seltenen Erkrankungen waren damals noch nicht bekannt und spielen auch in den Weiterbildungen keine oder nur eine sehr untergeordnete Rolle. Das gleiche Defizit findet sich bei den als Gutachter tätigen Ärzten. So wird teilweise die pure Existenz von Krankheiten bestritten, die von der Weltgesundheitsorganisation bereits vor mehreren Jahrzehnten in den ICD-Katalog der definierten Krankheitsbilder aufgenommen wurden. In der Konsequenz fließen sie in Bewertungen der Restleistungsfähigkeit und der für die Anerkennung von Behinderungen relevanten Einschränkungen nicht ein.
Wie ist diese Nichtberücksichtigung rechtlich zu werten?
Dazu hat das Bundessozialgericht bereits mehrfach Stellung bezogen. Beispiele dafür sind die Urteile mit den Aktenzeichen 9 RVs 1/96 und B 9 SB 1/14 R. Dort heißt es, dass die Angaben in den Versorgungsmedizinischen Grundsätzen nicht abschließend sind. Stattdessen ist die Einbeziehung „aller körperlichen, geistigen und seelischen Beeinträchtigungen“ erforderlich. Weiter heißt es wörtlich (Verfahren B 9 SB 1/14 R), dass „den nicht erwähnten Behinderungen … die Regelbeispiele als Vergleichsmaßstab an die Seite zu stellen“ sind. Jede andere Vorgehensweise entspricht den Auffassungen des Bundessozialgerichts nach dem Diskriminierungsverbot in der Charta der Vereinten Nationen sowie dem Diskriminierungsverbot im Artikel 3 des Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland.
Quelle: Bundesärztekammer, Orphanet, Grundgesetz
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