Momentan macht die Bundesregierung mit Blick auf
Bezuschusste ÖPNV-Tickets: Wer profitiert und wer nicht?
Dass eine Fortführung des bundesweit gültigen 9-Euro-Tickets aufgrund der damit verbundenen Kosten nicht möglich ist, dürfte jedem Menschen klar sein. Doch ein bundesweit gültiges 49-Euro-Ticket ist ebenfalls problematisch. Davon profitieren vor allem Touristen, bei denen der Zeitfaktor im Gegensatz zu den Berufspendler/-innen keine Rolle spielt. Wer längere Strecken zur Arbeit fahren muss, ist auf schnelle Direktverbindungen (beispielsweise IC und ICE) angewiesen, um nicht seine gesamte Freizeit für den Arbeitsweg opfern zu müssen. Diese schnellen Direktverbindungen sollen nicht unter den Gültigkeitsbereich eines 49-Euro-Tickets fallen. Das heißt, ein solches vom Staat bezuschusstes Ticket ist nicht die ideale Lösung.
Welche alternative Lösung für bezuschusste ÖPNV-Tickets gäbe es?
Wäre es nicht wesentlich sinnvoller, ein ÖPNV-Ticket mit gestaffelten Preisen anzubieten, bei dem sich die Preise am Einkommen der Nutzer/-innen orientieren? Die praktische Umsetzung würde nicht den riesigen Aufwand bedeuten, den sich mancher Mensch vorstellt. Bei den Finanzämtern liegen die Einkommensdaten der meisten in Deutschland lebenden Menschen vor, weil sie von den Arbeitgebern und Leistungsträgern mittlerweile digital gemeldet werden. Die Finanzämter wären also in der Lage, zeitnah anhand der vorliegenden Daten eine Bescheinigung als Zugangsberechtigung für einkommensabhängige ÖPNV-Tickets zu verschicken. Um gleich auch dem Argument Datenschutz zu begegnen: Jeder Mensch kann für sich selbst entscheiden, ob er diese Bescheinigung für den Kauf bezuschusster ÖPNV-Tickets vorlegen will oder nicht. Selbst ein Berufspendlervermerk auf dieser Bescheinigung (für die ergänzende Nutzung der schnellen Direktverbindungen) wäre denkbar, denn lange Arbeitswege sind steuerlich absetzbar, sodass den Finanzämtern auch die dafür benötigten Informationen vorliegen. Ein solches System wäre gerecht und würde die Berufstätigen nach ihren (tatsächlichen) individuellen Mitteln und Möglichkeiten an den Kosten der ÖPNV-Tickets beteiligen.
Energieeinsparungen: Auch in diesem Bereich bleiben Probleme unbeachtet
Wir stimmen voll zu, dass unter den aktuellen und für das Winterhalbjahr 2022/2023 absehbaren Bedingungen Energieeinsparungen unumgänglich sind. Doch dabei stellt sich eine Frage. Wer kann überhaupt noch zusätzliche Einsparungen leisten? Bisher wurden Rentner/-innen bei den Energiekostenzuschüssen außen vor gelassen. Genau dort finden sich die meisten Menschen, die aufgrund niedriger Einkommen die ganze Zeit über auch beim Energieverbrauch und den Heizkosten schon sparen mussten. Der Verweis auf die jüngste Rentenerhöhung greift nicht, denn diese zusätzliche Summe wird allein durch die ebenfalls drastisch gestiegenen Lebensmittelpreise „aufgefressen“. Geringverdiener mit Mindestlohn sind genauso davon betroffen, denn in diesen Haushalten gibt es in der Regel auch kaum noch ungenutztes Sparpotenzial. Zudem gibt es bei beiden Gruppen oft keine Rücklagen für die Umstellung auf energiesparende Technik. Wären hier eventuell Sachgutscheine für die Anschaffung von Energiespartechnik die bessere Wahl, weil sie die Kosten dauerhaft senken und den Klimaschutz begünstigen?
Wie können staatliche Energiekostenzuschüsse noch begrenzt werden?
Ein Punkt ist Fakt: Der Staat hat nicht den finanziellen Rahmen, um wieder und wieder Energiekostenzuschüsse zu zahlen. Deshalb müssen dauerhafte Lösungen her. Viele Menschen sind nur deshalb auf Energiekostenzuschüsse und aus anderen Gründen bezuschusste ÖPNV-Tickets angewiesen, weil ihnen Leistungen vorenthalten werden, die ihnen eigentlich zustehen. Viel zu oft müssen Betroffene zur Durchsetzung ihrer Ansprüche vor Gericht ziehen (oftmals sogar bis in die zweite Instanz). Bis zu einem Urteil der Landessozialgerichte warten sie regional mehr als 5 Jahre. In der Folge verlagern sich die Unterstützungspflichten von den eigentlichen Leistungsträgern auf die Bundesregierung. Ein Beispiel sind die vergünstigten ÖPNV-Tickets für Menschen mit einer anerkannten Schwerbehinderung. Eine Beschleunigung dieser Verfahren würde ihnen helfen, auch ohne regelmäßige Energiekostenzuschüsse des Bundes auszukommen, denn eine vernünftige, zeitnahe und angemessene Anerkennung von Behinderungen ist auch mit einer steuerlichen Ersparnis verbunden.
Bundesregierung muss das vorhandene Gutachterproblem endlich lösen!
Ergänzend besteht ein seit längerer Zeit bekanntes Gutachterproblem (wirtschaftliches Interesse an Negativgutachten). Bereits im Jahr 2019 lag ein Gesetzesentwurf für eine Behebung der wirtschaftlichen Abhängigkeit der Gutachter/-innen von den Leistungsträgern als Auftraggeber auf dem Tisch. Hier ist die gesetzliche Rentenversicherung (EM-Renten) genauso betroffen, wie es die Berufsgenossenschaften (Renten bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten) und beispielsweise die Anbieter von privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen sind. Falsche Gutachten verzögern den Leistungsbeginn und sorgen dafür, dass Betroffene auf andere Leistungen (beispielsweise Wohngeld oder Hartz IV) angewiesen sind, während sich vor allem die privatwirtschaftlich tätigen Versicherungen satte Gewinne in die Tasche stecken können. Mit der 2019 angedachten Anstellung der Gutachter/-innen in einer unabhängigen Organisation auf Gehaltsbasis ließe sich das Problem lösen. Es wird also höchste Zeit, dass der Plan einer solchen Gesetzesänderung umgesetzt wird. Damit werden die eigentlichen Leistungsträger schneller in die Pflicht genommen und der Staat muss mit weniger Ersatzleistungen einspringen. Auch das würde Geld freisetzen, das beispielsweise für ein dauerhaft günstiges ÖPNV-Ticket oder für eine staatliche Stützung der Energie- und Gaspreise eingesetzt werden könnte.
Quelle: diverse offizielle Statistiken
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