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BGH fällte interessantes Urteil zu Schutzpflichten in Wohnheimen

Bereits am 22. August 2019 fällte der BGH ein Urteil, das die Betreuer von Menschen mit geistigen Behinderungen kennen sollten, die in Wohn- oder Pflegeheimen untergebracht sind. Deren Schutzansprüche werden darin erheblich gestärkt.
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Das BGH-Urteil zu Schutzpflichten in Wohnheimen trägt das Aktenzeichen III ZR 113/18 und hebt ein Urteil auf, welches das Oberlandesgericht Bremen am 13. August 2018 unter dem Aktenzeichen 2 U 106/17 gefällt hatte. Darin wurden die Schmerzensgeldforderungen der Klägerin abgewiesen. Das hält der Bundesgerichtshof für falsch.

Schutzpflichten in Wohnheimen umfassen auch Schutz vor Verbrühungen

Die Klägerin im Verfahren leidet unter dem Prader-Willi-Syndrom, welches auch die neurologischen und psychischen Fähigkeiten erheblich beeinträchtigt. Ihr wurde im der Betreuungseinrichtung das Baden erlaubt. Dabei zog sie sich so heftige Verbrühungen zu, dass mehrere Hauttransplantationen erforderlich wurden. Ihre Füße wurden durch den Vorfall so erheblich verletzt, dass sie seither auf einen Rollstuhl angewiesen ist. Zudem zeigt sie Symptome einer Posttraumatischen Belastungsstörung, die sich in regelmäßigen Schreianfällen äußern. Ursache der Verletzungen war, dass kein Betreuungspersonal das Baden überwachte und auch die Wassertemperatur nicht geprüft wurde. Zudem gibt es in der Pflegeeinrichtung keine Technik, mit welcher die Temperatur des Warmwassers auf einem ungefährlichen Niveau begrenzt wird. Das Personal reagierte nicht sofort auf die Schreie der betroffenen Frau. Die Folgen wären noch umfangreicher gewesen, wenn nicht ein anderer Bewohner des Wohnheims eingegriffen hätte.

Welche Meinung vertritt der BGH zu den Schutzpflichten in Wohnheimen?

Die Richter verweisen in der Begründung des Urteils BGH III ZR 113/18 zu den Schutzpflichten in Wohnheimen auf die Normen der DIN EN 806-2, die sich mit den technischen Regelungen für Trinkwasser-Installationen beschäftigen. Die Normen empfehlen Regeleinrichtungen beispielsweise in Seniorenheimen, Krankenhäusern und Schulen, die eine Entnahme von Warmwasser mit Temperaturen von mehr als 43 Grad Celsius verhindern. Bei Duschanlagen in solchen Einrichtungen empfiehlt die DIN EN 806-2 sogar nur eine Maximaltemperatur von 38 Grad Celsius. Damit wird dem Schutzbedürfnis der geistig Behinderten sowie der Kinder und Jugendlichen Rechnung getragen. ‚

Die Klägerin machte geltend, durch das Prader-Willi-Syndrom zum Kreis der besonders schutzbedürftigen Menschen zu zählen. Weder das Landgericht Bremen noch das Oberlandesgericht Bremen hatten die besonderen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt. Genau das muss das Oberlandesgericht Bremen nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs nun nachholen. Der Bundesgerichtshof machte in der Urteilsbegründung bereits deutlich, dass die Betreiber der Wohn- und Pflegeheime die Grenzwerte nach der BIN EN 806-2 erfüllen, soweit dies „mit einem vernünftigen finanziellen und personellen Aufwand“ möglich ist. Im konkreten Fall hätte es bereits ausgereicht, wenn jemand von den Pflegekräften die Wassertemperatur geprüft hätte, bevor die Geschädigte in die Wanne gestiegen ist.

Quelle: BGH III ZR 113/18 – PM 112/2019

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