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Dürfen Homosexuelle einfach von der Blutspende ausgeschlossen werden?

In Frankreich, wie auch in Deutschland, gilt, dass Homosexuelle von der Blutspende ausgeschlossen sind. Männer, die mit anderen Männern schlafen, haben ein erhöhtes Risiko, sich mit Aids zu infizieren, heißt es in der Begründung aus Frankreich. Daher schließt man schwule Männer generell von der Blutspende aus.

Generalanwalt Paolo Mengozzi ist da anderer Meinung. Er sieht das Verbot kritisch, meint, dass es homosexuelle Männer gar diskriminieren würde. Daher sei es nicht mit geltendem Recht vereinbar und nicht haltbar, betonte der Anwalt in seinem Schlussantrag am Europäischen Gerichtshof (EuGH).

Debatte um Blutspenden Homosexueller ging von Frankreich aus

Die grundlegende Debatte ging von dem Franzosen Geoffrey Léger aus. Er hatte schon vor fünf Jahren Blut spenden wollen. Das Ètablissement Francais du Sang hatte sich aber geweigert, seine Blutspende anzunehmen, weil er eben schwul ist. Daraufhin ging Léger in Strasbourg vor Gericht, wo aber keine Entscheidung fiel. Deshalb wendete er sich an den EuGH.

Frankreich hingegen beteuert, dass man diesen Ausschluss Homosexueller von der Blutspende auf Basis der EU-Richtlinie 2004/33/EG ausgesprochen habe. Allerdings heißt es in dieser, dass nur Personen, „deren Sexualverhalten ein hohes Übertragungsrisiko“ mit sich bringt, ausgeschlossen werden können.

Blut von Schwulen kann nicht generell als gefährlich eingestuft werden

Das sieht also zunächst einmal danach aus, als ob Frankreich mit seiner Einstufung Recht behalten könnte. Statistiken zeigen, dass das Blut von Schwulen häufiger den Aidsvirus in sich trägt. Die homosexuellen Männer sind also gefährdeter, sich zu infizieren. In Deutschland gibt es dazu sogar konkrete Zahlen: Demnach ist ein Schwuler mit einem 100 Mal so hohen Risiko, sich mit HIV zu infizieren, gestraft, als ein heterosexueller Mann.

Doch das Risiko, sich mit dem Aidsvirus zu infizieren, hängt zu einem maßgeblichen Teil auch mit dem individuellen Sexualverhalten zusammen. Wenn ein Schwuler seit Jahren in einer festen Beziehung lebt, ist sein Infektionsrisiko deutlich niedriger als bei einem Heterosexuellen, der dauernd mit anderen Frauen schläft und dabei nicht einmal ein Kondom benutzt. In der Pressemitteilung des Gerichtshofs heißt es, dass alleine die Tatsache, dass ein Mann mit einem anderen Mann geschlafen hat oder noch schläft, kein risikoreiches Sexualverhalten nach der Richtlinie darstelle. Ihn dauerhaft von der Blutspende auszuschließen, sei also keine Lösung.

Zudem sehen Verfechter der Schwulen den generellen Ausschluss dieser Personengruppe kritisch, weil das gespendete Blut im Labor ohnehin auf Krankheitserreger untersucht wird. Natürlich gibt auch das keinen vollständigen Schutz und wer sich kurz vor der Blutspende mit HIV infiziert hat, dessen Blut bleibt einige Tage oder gar bis zu zwei Wochen unauffällig. Trotzdem will Mengozzi die Regelung in Frankreich nicht akzeptieren. Sie gehe weit über das Ziel hinaus. Für das Gericht sind die Schlussanträge des Generalanwalts zwar nicht bindend, allerdings folgen die Richter dem Gutachter in den meisten Fällen. Wie sich die Sache im besagten Fall weiter entwickelt, bleibt aber noch abzuwarten.

Welche Lösungen sehen die Parteien für die Blutspende Homosexueller vor?

Auch in Deutschland gelten ähnliche Regelungen, wer homo- oder bisexuell ist, wird nicht zur Blutspende zugelassen. Statistiken bestätigen dieses Rechtsverständnis, denn in Deutschland tragen derzeit 78.000 Menschen den Aidsvirus in sich. Zwei Drittel davon sind Schwule. Auch bei den Neuinfektionen ergibt sich ein ähnliches Bild: Im vergangenen Jahr wurden 3.263 Neuinfektionen in Deutschland gemeldet, 1.735 davon betreffen Menschen, die homo- oder bisexuell sind. Das entspricht einer Quote von gut 53 Prozent.

Daher gibt es heftige Diskussionen, wie man auch Schwule und Bisexuelle zur Blutspende zulassen kann. Mengozzi und andere Experten sind davon überzeugt, dass der Fragebogen zur Blutspende abgeändert werden könnte. Dann müssten die potenziellen Blutspender Angaben zum Sexualverhalten machen, um sich in eine riskante oder nicht riskante Gruppe einordnen zu lasen. Aktuell werden Schwule in Deutschland noch in eine Gruppe mit Häftlingen, Drogenabhängigen und Sexarbeitern gestellt.

Ärzte hingegen sehen eine solche Regelung kritisch. Auf der einen Seite müsste man den Blutspendern vermitteln, ab wann ihr Sexualverhalten als riskant gilt und genau das könnten viele Blutspendedienste nicht leisten. Zum Anderen könnten diese doch sehr persönlichen Fragen viele Menschen vom Blutspenden abhalten.

In der Pressemitteilung des EuGH heißt es weiterhin, dass zu prüfen sei, ob der Fragebogen zur Blutspende abgeändert werden könne und ob es keine Möglichkeit zur Quarantäne für die Blutspenden gibt, um eventuell erst später feststellbare Erreger noch feststellen zu können.

Italien bietet erweiterten Fragebogen für Blutspenden

Italien, Estland, Spanien, Tschechien und Lettland bieten den geforderten erweiterten Fragebogen schon lange. Dort können Schwule zeitlich begrenzt von der Blutspende ausgeschlossen werden. Ärzte klären in persönlichen Gesprächen, wie es um das Sexualverhalten der Spender bestellt ist und entscheiden erst nach diesen Gesprächen, wer zur Blutspende zugelassen wird oder nicht. Seitdem mit diesem Verfahren auch Homosexuelle Blut spenden dürfen, ist in Italien laut einem ntv-Bericht die Zahl der Blutspenden um 20 Prozent angestiegen. Gleichzeitig sank die Zahl der infizierten Spender.

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