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Zum Gedenken an Udo Reiter

Der MDR-Intendant Udo Reiter ist tot. Er wurde gestern erschossen auf seinem Grundstück in Gottscheina bei Leipzig aufgefunden. Nach ersten Ermittlungen der Polizei geht man davon aus, dass der 70-Jährige sich das Leben genommen habe. Die Trauer ist groß, denn mit Udo Reiter geht ein Mann, der so viel Optimismus ausstrahlte und sich trotz seines schweren Lebens nicht klein kriegen ließ.

Udo Reiter – ein halbes Jahrhundert im Rollstuhl

Udo Reiter war gerade einmal 22 Jahre alt, als er zwischen Pfaffenhofen und München einen Unfall auf eisglatter Fahrbahn baute. Kurz zuvor hatte er noch die Aufnahmeprüfung für die Pilotenausbildung bei der Lufthansa bestanden. Doch das Rettungsdienstsystem war noch nicht ausgereift, Reiter erwachte im Krankenhaus mit der Diagnose, ab dem fünften Brustwirbel gelähmt zu sein. Der damals behandelnde Arzt zeigte wenig Mitgefühl, knallte ihm die Diagnose an den Kopf und gab ihm noch eine Lebenserwartung von sieben Jahren.

Obwohl für Reiter damals eine Welt zusammenbrach, konnten ihn seine Freunde überzeugen, dass er sein Studium in Germanistik und Geschichte an der LMU München fortsetzte. Gerade im Studentenheim war es für Reiter schwierig, durch die dünnen Wände hörte er das pralle Leben, das die anderen Studenten führten, während er an den Rollstuhl gefesselt war.

Zu jener Zeit soll in Udo Reiter der Entschluss herangereift sein, sich umzubringen. Zuvor schrieb er aber noch seine Doktorarbeit, damit der Doktor-Titel auch auf seinem Grabstein verewigt würde. Er stellte in Lindau den Antrag auf einen Waffenschein und besorgte sich eine Smith & Wesson 38 Special. Er schrieb einen Abschiedsbrief an seine Eltern, trank ein Bier und dann besann er sich. Er wollte plötzlich doch leben. Die Lebenserwartung, die man ihm noch gab, nahm er nicht an. Er wollte Karriere machen – im Journalismus.

Die Anfänge des Udo Reiter

Seine Karriere begann Udo Reiter dann beim Bayerischen Rundfunk. Ganz weit unten startete er, wurde schnell Redakteur und sogar Chefredakteur. 1986 schließlich ernannte man ihn zum Hörfunkdirektor. In jener Zeit förderte er Thomas Gottschalk.

Als die Wende kam und die Mauer fiel, ging Reiter nach Leipzig. Von den drei Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen erhielt er dort den Auftrag, den Mitteldeutschen Rundfunk (MDR) aufzubauen. Damals gab es noch 42 Standorte für den MDR, doch Reiter ließ sich nicht beirren. Er baute den Sender auf und aus, führte ihn sogar zum Titel des erfolgreichsten dritten Programms.

Allerdings gab es rund um den MDR auch zahlreiche Skandale. Gebührengelder, die am Aktienmarkt verzockt worden (2,5 Millionen Mark durch den Kauf ecuadorianischer Staatsanleihen), Mitarbeiter mit Stasi-Vergangenheit, Schleichwerbung und vieles mehr sorgten für Aufsehen. Nicht zuletzt, als der Kinderkanal gegründet wurde, gab es auch hier einen Skandal. Millionen Euro sollen von einem Mitarbeiter des KiKa abgezweigt worden sein. Noch kurz vor seiner Rente musste Udo Reiter sogar seinen Unterhaltungschef entlassen, weil er bei der Buchhaltung allzu kreative Ansätze zeigte.

Wie Udo Reiter seine Karriere beendete

2011 ging Udo Reiter mit 67 Jahren in Rente. Er widmete sich fortan dem Thema seines Lebens schlechthin: Dem selbstbestimmten Sterben. Darüber schrieb er sogar einen Debattenaufsatz für die Süddeutsche Zeitung und sprach in vielen Talkshows über das Thema. Seine ursprünglich angedachte Lebenserwartung hat Reiter „gewaltig überzogen“, wie er selbst in einem TV-Talk aus dem vergangenen Jahr noch einmal betonte.

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