Eigentum verpflichtet, so heißt es und gleichzeitig ist Eigentum in Deutschland nahezu unantastbar. Das gilt aber nicht immer, wie jetzt ein Urteil des Landgerichts Hamburg unter dem Aktenzeichen 318 S 50/15 belegt. Demnach kann eine Eigentümergemeinschaft einen Miteigentümer dazu zwingen, seine Wohnung zu verkaufen. Dies ist auch im Wohneigentumsgesetz festgelegt und wurde jetzt tatsächlich auch in der Praxis durchgesetzt.
Urteil 318 S 50/15: Entscheidung zugunsten der Eigentümergemeinschaft
Im zugrunde liegenden Fall ging es um eine Wohnungseigentümergemeinschaft, die gegen eines ihrer Mitglieder geklagt hatte. Der betreffende Mann litt unter dem Messie-Syndrom. Die Miteigentümer haben bereits 2011 eine Aufforderung an den Mann gestellt, seine Wohnung zu verkaufen, da deren Nutzung für die übrigen Eigentümer nicht mehr tragbar sei. Allerdings scheiterte die Eigentümergemeinschaft damals noch an der nötigen Zwei-Drittel-Mehrheit.
In den nachfolgenden Jahren verschlimmerten sich die Zustände in der Eigentümergemeinschaft weiter. Der Mann müllte nicht mehr nur seine eigene Wohnung zu, sondern auch den Kellerflur und sogar den Stellplatz in der Tiefgarage. Dort stand ein seit Jahren abgemeldetes Auto. Durch die Vermüllung des Miteigentümers kam es sogar schon zu Rattenbefall und der Mann ließ auch niemanden in seine Wohnung.
Das hatte zur Folge, dass in seiner Wohnung keine neuen Kaltwasserzähler eingebaut werden konnten. Dadurch konnte aber auch keine verbrauchsgenaue Abrechnung für die anderen Eigentümer erfolgen. Beim Einbau neuer Fenster ließ der Mann die Handwerker ebenfalls nicht in seine Wohnung, so dass die Fenster kostenpflichtig eingelagert werden mussten. 2015 schließlich gelang es der Polizei, Zutritt zur Wohnung zu erhalten, nachdem sie von einem Bekannten des Mannes informiert worden war, der schon länger nichts mehr von ihm hörte. Außer viel Müll und einem beißenden Gestank fanden die Beamten jedoch nichts vor.
Urteil 318 S 50/15 – nicht mehr zumutbare Nachbarschaft
2013 hatte die Eigentümergemeinschaft den Miteigentümer aufgrund dieser Vorfälle schon einmal abgemahnt. Das half allerdings nichts, so dass sie ein Entziehungsverfahren angestrebt hat. Der Miteigentümer berief sich vor dem Amtsgericht auf die Grundrechte, laut denen Wohnung, Handlungsfreiheit und Eigentum besonders geschützt seien. Er betonte, dass er kein Messie sei und alles, was er in seiner Wohnung tue, rein privat sei. Anders sahen das aber die Richter am Amtsgericht und später auch am Landgericht Hamburg.
Sie entscheiden mit Urteil 318 S 50/15, dass der Mann seine Wohnung verkaufen müsse. Dabei beriefen sie sich darauf, dass die „Entziehung des Wohneigentums“ grundsätzlich möglich sei. Dies sei der Fall, wenn ein Miteigentümer trotz Abmahnung durch die Eigentümergemeinschaft grob gegen seine Pflichten verstößt. Allerdings muss schon einiges passieren, bevor so in die Grundrechte eines Menschen eingegriffen wird. Im vorliegenden Fall sahen die Richter jedoch alle Voraussetzungen als erfüllt an. Die Richter kritisierten außerdem, dass durch das Verhalten des Miteigentümers auch Arbeiten am Gemeinschaftsraum blockiert worden seien und dieser zusätzliche Bereiche außerhalb seiner Wohnung vermülle. Die Richter verwiesen darauf, dass die Eigentümergemeinschaft schon viel Geduld bewiesen habe, die weitere Nachbarschaft jedoch für sie nicht mehr zumutbar sei. Dies gelte insbesondere deshalb, weil man das Gespräch gesucht habe und eine Besserung nicht mehr als wahrscheinlich gilt.
Quelle: ino
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