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Kinder leiden häufiger unter Depressionen

Immer häufiger leiden auch Kinder unter Depressionen. Die mittlerweile als Volkskrankheit bezeichnete Erkrankung trifft längst nicht mehr nur Erwachsene. In den letzten zehn Jahren ist die Zahl der Depressionen, die bei Kindern festgestellt wurden, deutlich angestiegen, wie Gerd Schulte-Körne von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie an der Uni München erklärt. Sowohl im ambulanten, als auch im stationären Bereich sei eine „dramatische Zunahme“ zu beobachten. Vom 04. bis 07. März leitet Schulte-Körne den Kongress der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie in München.

Gut 2.000 Kinder- und Jugendpsychiater werden sich zu diesem Anlass treffen, um über die Veränderungen in der Gesellschaft und in den Familien zu sprechen. Diese stellen nämlich sehr große Herausforderungen für den Nachwuchs da. Früher hat man es kaum für voll genommen, wenn Kinder für eine längere Zeit traurig waren und sich zurückgezogen haben. Dabei könnten das bereits die ersten Anzeichen für depressive Phasen sein. Sie können im schlimmsten Fall in Alkohol, Drogen, chronischen Depressionen oder gar Selbstmord enden.

Depressionen bei Kindern werden häufiger erkannt

Heute sieht das Bild etwas anders aus. Man ist wachsamer und Eltern, Lehrer und Freunde erkennen die Anzeichen einer Depression schneller. Erste Hinweise können Bauchschmerzen ohne ersichtlichen Grund, Aggressionen und Müdigkeit sein. Schon im Grundschulalter sind Kinder betroffen. Fachärzte stellen bei zwei bis vier Prozent der Grundschulkinder depressive Phasen fest, die von wenigen Wochen bis hin zu mehreren Monaten reichen können. Bei Jugendlichen sind sogar 14 Prozent betroffen. Zum Vergleich: Etwa 20 Prozent der Erwachsenen leiden unter Depressionen.

Mögliche Behandlungsansätze bei Depressionen bei Kindern sind Sport, Lichttherapie und Gespräche. Medikamente werden dem Nachwuchs nur im Notfall verabreicht. Mittlerweile gibt es sogar Behandlungsleitlinien, dennoch werden von vielen Fachärzten nach wie vor ungeeignete Gesprächsmethoden und Medikamente eingesetzt.

Diese Gründe kommen für Depressionen bei Kindern in Betracht

Die Gründe, die zu Depressionen bei Kindern führen, sind sehr vielfältig. Sie reichen von der Pubertät über die Überforderung in der Schule bis hin zum Mobbing in Schule und/oder sozialen Netzwerken. Knapp jeder dritte Schüler ist mit diesen Problemen konfrontiert, doch über die Hälfte will nicht darüber sprechen und schämt sich sogar für das „eigene Versagen“.

Gerade durch Beschimpfungen und die Belästigung durch Mitschüler kann Stress entstehen und dieser ist ein klarer Risikofaktor für Depressionen im Allgemeinen. Zusätzlich wird das Internet von Jugendlichen und Kindern exzessiv genutzt, zum Teil verändert sich sogar der Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Lebensgewohnheiten haben sich zudem stark verändert, Kinder gehen seltener an die frische Luft, bewegen sich weniger und können so schneller in die Depression fallen.

Frühe Traumata sind ebenfalls ein wichtiger Risikofaktor für Depressionen bei Kindern. Das reicht vom sexuellen Missbrauch über körperliche Misshandlung bis hin zum Verlust der Eltern, der bei Flüchtlingskindern besonders häufig vorkommt. Daher ist diese Gruppe auch extrem stark gefährdet, an Depressionen zu leiden. Ebenfalls kann die Trennung der Eltern ein Indikator für die Depression sein. Das Statistische Bundesamt gibt an, dass fast jede dritte Ehe innerhalb von 25 Jahren geschieden wird. 2013 hatte die Hälfte der geschiedenen Paare Kinder unter 18 Jahren, betroffen waren somit insgesamt 136.000 Kinder.

Doch nicht nur die Trennung und der damit verbundene Stress, sich für ein Elternteil „entscheiden zu müssen“, mit neuen Partnern klarkommen zu müssen und vielfach auch finanzielle Einbußen belasten den Nachwuchs. Ebenso kann Dauerstreit zwischen Eltern, die sich eben nicht trennen, die Kinder belasten. Daher sollte der Nachwuchs möglichst früh von Fachleuten begleitet werden. Das gilt insbesondere dann, wenn schon die Eltern unter Depressionen leiden, die bringen nämlich zusätzlichen Stress für den Nachwuchs mit sich.

Gibt es eine genetische Veranlagung für Depressionen?

Studien haben zudem ergeben, dass auch die genetische Veranlagung eine Rolle spielen kann. Das Gen FKBP5 macht anfälliger gegenüber Stress und fast jeder zweite Mensch trägt eine Variante dieses Gens in sich. Schon bei kleinen Stresssituationen werden deutlich höhere Dosen der Stresshormone ausgeschüttet. Es wird schwieriger, vom Stresslevel wieder herunterzukommen, so Elisabeth Binder, die am Münchener Max-Planck-Institut für Psychiatrie arbeitet.

Wer dann noch zusätzlich Traumata in der Kindheit erlebte, der ist stärker gefährdet, an Depressionen zu leiden oder gar eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Welche Bedeutung das Gen bei kindlichen Depressionen hat, ist aber derzeit noch nicht ausreichend erforscht. Aktuell läuft dazu eine Studie an der Charité in Berlin, wobei man mit dem MPI zusammenarbeitet. Bis die Ergebnisse vorliegen, werden aber noch Jahre vergehen.

Quelle: N-TV

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