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BGH zum Recht auf die Löschung personenbezogener Daten

Bronze figurine of Lady Justice with her scales

Wie weit reicht das Recht auf Vergessenwerden im Internet? Ein aktuelles BGH-Urteil schafft nach einer EuGH-Einschätzung in einem weiteren Punkt Klarheit.

In welchen Fällen müssen die Betreiber der großen Suchmaschinen einem Auslistungsbegehren (im Fachjargon auch Deindexierung genannt) nachkommen? Diese Frage stand im Fokus eines Verfahrens, das vom Bundesgerichtshof Ende Mai 2023 unter dem Aktenzeichen BGH VZR 476/18 mit einem Urteil abgeschlossen wurde. Die vergleichsweise lange Bearbeitungsdauer resultiert aus der Tatsache, dass zuvor eine Stellungnahme des Europäischen Gerichtshofs (kurz EuGH) eingeholt wurde.

Welche Vorgeschichte hat das BGH-Urteil zu den Auslistungsbegehren?

Der Kläger und die Klägerin im Verfahren sind Lebenspartner, die beide im Bereich der Finanzdienstleistungen arbeiten. Sie gerieten in den Fokus eines amerikanischen Unternehmens, das nach außen hin zur Betrugsprävention beitragen will. Allerdings gibt es mehrere Indizien, die einen Verdacht für einen anderen Unternehmenszweck begründen. So soll es Publikationen zufolge in mehreren Fällen dazu gekommen sein, dass die mit negativen Berichten bedachten Personen ein Schutzgeld für die Löschung dieser Berichte zahlen sollten, obwohl die Negativberichte offensichtlich falsch waren. Das würde den Tatbestand der Erpressung erfüllen. Die Klägerin und der Kläger gaben an, ebenfalls mit dieser Praxis Bekanntschaft gemacht zu haben. Die sie betreffenden Negativberichte wurden noch dazu mit Portraitfotos versehen, die in den Suchergebnissen von Google als Vorschaubilder angezeigt werden. Deshalb forderten sie von Google eine Auslistung (Deindexierung). Google kam dieser Forderung nicht nach und begründete das damit, keine Einschätzung des Wahrheitsgehalts dieser Negativberichte vornehmen zu können.

Der Weg von der Klage bis zum Urteil zum Recht auf Vergessenwerden

In der ersten Instanz reichten die Betroffenen eine Klage beim Landgericht Köln (Aktenzeichen 28 O 492/15) ein. Dort wurde die Klage abgewiesen, weshalb die beiden vor das Oberlandesgericht Köln zogen. Die dortigen Richter/-innen schlossen sich im November 2018 unter dem Aktenzeichen 15 U 178/17 der Entscheidung der Erstinstanz an. Danach folgte die Klage beim Bundesgerichtshof. Dort war man sich nicht ganz sicher und legte Teile der zu treffenden Entscheidungen zu einer Beurteilung beim Europäischen Gerichtshof vor. Dabei ging es hauptsächlich um die konkrete Interpretation der Bestimmungen des Artikels 17 der Datenschutz-Grundverordnung, die in der gesamten Europäischen Union gilt. Diese Fragen wurden im Dezember 2022 von EuGH unter dem Aktenzeichen C-460/20 entschieden.

Wie präsentiert sich die Rechtslage nach dem BGH-Urteil zu Auslistungsbegehren?

Google wurde in dem Urteil dazu verpflichtet, die Vorschaubilder (im Fachjargon auch thumbnails genannt) aus den Suchergebnissen zu entfernen. Ihnen fehlt nach der Urteilsbegründung die Aussagekraft, die eine gerechtfertigte Verweigerung der Auslistung nach sich ziehen könnte. Bei den beanstandeten Artikeln schloss sich der BGH mit unterschiedlichen Begründungen den Auffassungen des Landgerichts und Oberlandesgerichts Köln an. Aus einem Artikel konnte kein konkreter Bezug zu den Personen des Klägers und der Klägerin hergeleitet werden. Allein schon deshalb fehlt dem Auslistungsbegehren nach Artikel 17 der DS-GVO die Rechtsgrundlage. Bei den anderen beanstandeten Artikeln sind die Klägerin und der Kläger in der Beweispflicht. Sie müssen nachweisen, dass unrichtige Informationen enthalten sind, um eine Unterlassung der Veröffentlichung und eine Auslistung bei Google fordern zu können. Das ist bisher nicht geschehen. Auch hinsichtlich der behaupteten Erpressungsversuche durch das amerikanische Unternehmen, das die Artikel samt Vorschaubildern veröffentlicht hat, wurden keine schlüssigen Beweise vorgelegt.

Quelle: BGH VI ZR 476/18

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