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Mangelhafte Silikon-Brustimplantate – TÜV Rheinland muss nicht zahlen

Jetzt wurde ein erster Fall von mangelhaften Silikon-Brustimplantaten vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt. Mit dem Urteil VII ZR 36/14 vom 22.06.2017 hat der BGH entschieden, dass der TÜV Rheinland nicht für mangelhafte Silikon-Brustimplantate des französischen Herstellers PIP haften muss. In der Urteilsbegründung heißt es, dass der TÜV Rheinland als Zertifizierungsstelle nicht dazu verpflichtet gewesen sei, unangemeldete Kontrollbesuche und Inspektionen bei PIP durchzuführen, da es für derartige Maßnahmen keine hinreichenden Verdachtsmomente gab.

20 weitere Verfahren zu Brustimplantaten anhängig

Nach der Urteilsverkündung des BGH am gestrigen Donnerstag kündigte die Rechtsvertreterin im Ausgangsverfahren an, dass sie in den 20 weiteren anhängigen Verfahren nun ihre Beweisführung den Forderungen des BGH anpassen will. Das aktuell verhandelte Verfahren wurde von einer Deutschen angestoßen, die sich 2008 die Silikon-Brustimplantate von PIP hatte einsetzen lassen.

Nachdem die französischen Behörden feststellten, dass die Brustimplantate mit dem minderwertigen Industrie-Silikon hergestellt wurden, entschied sich die Frau dafür, sich die Implantate 2012 wieder entfernen zu lassen. Vom TÜV Rheinland forderte sie Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro. Als Grund für ihre Forderung gab sie an, der TÜV Rheinland habe das Herstellungsverfahren für die Brustimplantate zertifiziert, später jedoch seine Prüfpflichten verletzt.

Wie kam es zum Urteil VII ZR 36/14?

Der BGH hatte den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorgelegt, der daraufhin entschied, dass Prüforganisationen für die Zertifizierung von Medizinprodukten grundsätzlich nicht verpflichtet sind, unangemeldete Inspektionen beim Hersteller durchzuführen oder die Produkte zu prüfen. Lediglich, wenn Hinweise auf Produktmängel auftreten, müsse die Prüforganisation „alle erforderlichen Maßnahmen“ ergreifen, um ihren Aufgaben zur Qualitätssicherung nachzukommen.

Im betreffenden Zeitraum gab es für Brustimplantate zwar Warnhinweise aus den USA und Großbritannien, doch bezogen sich diese auf Brustimplantate mit Füllungen aus Salzwasser oder Sojaöl. Daher sei der TÜV Rheinland bei den Silikon-Brustimplantaten nicht verpflichtet gewesen, unangemeldete Untersuchungen bei PIP durchzuführen oder Produkte zu prüfen bzw. Geschäftsunterlagen neu zu sichten.

Wie Schätzungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ergeben haben, sollen alleine in Deutschland rund 6.000 Frauen von den mangelhaften Silikon-Brustimplantaten betroffen sein. Weltweit geht man sogar von Zehntausenden aus.

Quelle: AFP/BGH

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