Mehr als 3.000 Versandapotheken sind in Deutschland zugelassen, was einem Anteil von 14,4 Prozent der stationären Apotheken entspricht. Sie alle haben eine Versanderlaubnis erworben, jedoch betreiben nur fünf Prozent von ihnen den Versandhandel aktiv. Diejenigen, die sich für den Versand von Medikamenten entschieden haben, müssen sich allerdings einiges einfallen lassen, um tatsächlich ein möglichst großes Stück des Kuchens abzubekommen.
Zwar konnten die Versandapotheken 2013 in Deutschland einen Umsatz von 1,3 Milliarden Euro erzielen, dennoch liegen sie weit hinter den örtlichen Apotheken zurück. Damit soll jetzt Schluss sein. Wie die Berliner Versandapotheke Aponeo am Freitag mitteilte, will sie ein neues Konzept einführen. Aponeo gehört in Deutschland zu den zehn größten Versandapotheken und will zusammen mit dem Kooperationspartner DHL die taggleiche Zustellung von rezeptpflichtigen Medikamenten erreichen. Dafür sollen die Patienten mit dem Apotheker telefonieren oder in den Videochat treten können, ihr Rezept an der Haustür einem Kurier übergeben und bereits am Abend durch den DHL-Zusteller ihre Medikamente erhalten. So will man den lokalen Apotheken noch mehr Konkurrenz machen.
Wie soll der schnellere Versandapotheken-Service funktionieren?
Bereits ab kommenden Montag will man das neue Konzept testen. Patienten können bis zwölf Uhr mittags dem Apotheker bei Aponeo telefonisch die Rezeptdaten durchgeben. Schon 90 Minuten später soll es der DHL-Kurier am angegebenen Ort abholen und am Abend sollen die Medikamente geliefert werden – in einem Zeitfenster, das vom Patienten selbst bestimmt werden kann.
Die taggleiche Lieferung ist bisher bei Versandapotheken nicht möglich, denn das Originalrezept muss in der Regel auf dem Postweg eingeschickt werden. Das war einer der Hauptgründe, warum das Geschäft mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln bei Aponeo bisher nur zwei Prozent des Umsatzes ausmachte. Für die Zukunft erhofft man sich in diesem Bereich ein deutliches Steigerungspotenzial. Konstantin Primbas, Inhaber von Aponeo, erklärte, dass man mit diesem Konzept eine Investition in die Zukunft tätige. In wenigen Jahren bereits wird die taggleiche Lieferung der Medikamente Normalität sein.
Wie andere Versandapotheken den Service verbessern wollen
Doch nicht nur Aponeo will seinen Service und vor allem die Geschwindigkeit verbessern. Auch andere Versandapotheken wollen die Kunden mit immer neuen und besseren Services an sich binden. So kündigte DocMorris, Europas führende Versandapotheke, bereits im vergangenen Frühjahr an, zusammen mit der Telekom eine Live-Beratung für rezeptfreie Arzneimittel anzubieten. Der Apotheker soll dem Patienten mittels Video-Chat zur Verfügung stehen und damit das persönliche Gespräch in der Apotheke ersetzen.
DocMorris war 2006 bekannt geworden, als es mit Erlaubnis des Landes in Saarbrücken eine Filiale eröffnete. Und das, obwohl in Deutschland Aktiengesellschaften gar keine Apotheken betreiben dürfen.
Wie Recht und Gesetz es den Versandapotheken schwer machen
Allerdings gab es seither auch zahlreiche Gerichtsentscheidungen, die den Versandapotheken das Leben schwer machen. So gilt in Deutschland, im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern, eine Preisbindung. Sie besagt, dass es für Medikamente einen Festpreis geben muss, keinen Höchstpreis. Damit sollen Kunden und Apotheker vor Ort geschützt werden. Zusätzlich haben Versandapotheken die Pflicht, rezeptpflichtige Medikamente erst dann auszuliefern, wenn das Original-Rezept vorliegt. Christian Buse, der Vorsitzende des Bundesverbandes Deutscher Versandapotheken (BVDVA) sieht vor allem in dieser Regelung ein Problem und wünscht sich, dass man mit dem elektronischen Rezept weiter komme.
Verbraucherschützer indes mahnen die Verbraucher, genau hinzusehen, wenn man bei Versandapotheken bestellt. Eine seriöse Versandapotheke betreibt auch eine lokale Apotheke. Allerdings sei die Beratungsqualität bisher nicht mit der bei örtlichen Apotheken vergleichbar. Zudem müsse man beachten, dass die Versandapotheke aufgrund der Lieferzeiten bisher nicht zur Akutversorgung geeignet sei. Das könnte sich zwar mit dem Service der taggleichen Lieferung ändern, allerdings müsse ausgeschlossen werden, dass die Medikamente etwa beim Nachbarn abgegeben werden.
Fachliche Qualität der Versandapotheken wird angezweifelt
Ein weiteres Problem: Die fachliche Qualität der Versandapotheken wird vielfach angezweifelt. Bei einem Test der Stiftung Warentest aus dem vergangenen Jahr schnitt die Berliner Versandapotheke Aponeo noch mit „gut“ ab. Bei Sanicare und DocMorris dagegen reichte es nur für ein „befriedigendes“ Ergebnis. Grund dafür: Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten seien von den Versandapotheken zum Teil nicht erkannt worden. Andere Apotheker konnten eine Wundsalbe nach vorgegebener Rezeptur nicht herstellen. Allerdings wurden die Probleme auch bei einigen örtlichen Apotheken festgestellt.
Quelle: Tagesspiegel

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